Tierquälerei auf Social Media: Wie erkennen, was tun?

Wir erklären euch, was Anzeichen für Tierquälerei in vermeintlich harmlosen Videos sind und was ihr dagegen unternehmen könnt.

Autor: Walter Feichtinger

Soziale Medien sind ein Ort, an dem Menschen Fotos und Videos von allem teilen können, was ihnen wichtig ist – von der neuesten Mode bis hin zu süßen Haustieren. Aber manchmal kann das, was auf Social Media gepostet wird, eine traurige und verstörende Seite haben, wenn es um Tierquälerei geht.

TL;DR

Gerade keine Lust, unseren Text zu diesem ernsten Thema zu lesen? Da schau dir doch diesen tollen Beitrag von Jonas Ems von seiner Tierschutz-Playlist auf YouTube an. Er erklärt nicht nur, wie man Tierleid in scheinbar harmlosen Videos erkennen kann, sondern auch, warum die Social-Media-Plattformen nichts dagegen unternehmen:


Noch immer hier? Na gut, dann ab jetzt in Textform! 😉

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Anzeichen von Tierquälerei in Social Media Beiträgen

Es gibt viele Arten von Tierquälerei, von Vernachlässigung und Misshandlung bis hin zu illegalem Tierhandel und Zucht. Aber wie kannst du erkennen, ob ein Beitrag Tierquälerei zeigt? Das sind typische Anzeichen dafür:

Offensichtliche Angst oder Schmerzen

Zum Beispiel kann ein Hund, der in einer überfüllten, schmutzigen Umgebung gefangen ist, oder ein Vogel, der in einem Käfig ohne Platz zum Fliegen gehalten wird, zeigen, dass er leidet. Auch wenn das Tier körperlich in Ordnung aussieht, können Zeichen von Angst oder Schmerz wie zittern, knurren oder zurückweichen zeigen, dass etwas nicht stimmt. Aufeinander gepresste Zähne, nach oben gezogene Mundwinkel? Das ist Angst. Wenn ein Post solche Anzeichen zeigt, solltest du den Beitrag genauer betrachten und gegebenenfalls melden.

Unnatürliches Verhalten

Äffchen, die mit Motorrädern fahren oder Geschenke auspacken: Nein, das ist ganz bestimmt kein natürliches Verhalten. Ebenso Selfies und Videos mit Touristen (sieht man ausgebildete Pfleger oder Tierschützer, ist es wahrscheinlich okay). Mach Freunde, sie sich im Urlaub mit Tieren abbilden lassen, darauf aufmerksam!

Auf unangemessene Weise behandelt

Ein Kaninchen wird unsachgemäß gehalten oder ein Hund zieht an seinem Halsband. Oder die Tiere tragen Kleidung. Äffchen in Kostümchen: das ist nicht süß, sondern traurig! In einigen Fällen können sogar Fotos oder Videos von Menschen gepostet werden, die auf dem Tier reiten, es schlagen oder auf andere Weise misshandeln. Ist das Tier in einem Spielzimmer oder auf einem Jahrmarkt zu sehen ist, wo es ganz bestimmt nicht leben sollte? Das Tier wirkt zwar niedlich, aber gleichzeitig unnatürlich und träge? Das zeigt Mangelernährung. Solche Beiträge sind eindeutige Anzeichen von Tierquälerei und sollten sofort gemeldet werden.

Tier in einer gefährlichen oder ungesunden Umgebung

Wenn ein Hund bei Hitze in einem Auto ohne Belüftung gehalten wird oder ein Vogel in einem Raum mit giftigen Substanzen, kann es schnell gefährlich werden. Aber auch wenn ein Aquarium zu klein für die darin enthaltenen Fische ist oder ein Käfig zu klein für den Hamster, können die Tiere ernsthaft leiden. Sie sollten dann sofort in eine gesunde Umgebung gebracht werden. Wenn du solche Beiträge siehst, solltest du sie melden und wenn möglich auch den Besitzer des Tieres informieren.

Fehlen dem Tier Zähne?

Das kann ein Anzeichen für Mangelernährung sein oder dass das Tier geschlagen wird. Oder noch schlimmer: Die Zähne wurden gezogen, um die Tiere weniger gefährlich und gefügig zu machen. Affen, die für Fotos von Tourist zu Tourist weitergereicht werden, sollen nicht beißen. Oder exotische Haustiere, die ihre Besitzer verletzen könnten. Die Tiere möchten beißen, um sich selbst zu schützen, um gegen Zwang und Haltungsbedingungen zu rebellieren. Auch das solltest du sofort melden.

Illegale Handlungen im Tier-Video

Ein Beitrag kann z.B. zeigen, wie Hunde für illegale Hundekämpfe trainiert werden oder wie exotische Tiere zum Kauf angeboten werden. Solche Beiträge sind illegal und sollten auch sofort gemeldet werden, um das Tier zu schützen und den Täter zu stoppen. Manche Social-Media-Plattformen wie Facebook haben sogar eigene Meldekategorien für Videos, die den illegalen Verkauf von Tieren anpreisen.

Tierquälerei: Affen
Süß? Nein, Tierquälerei. Quelle: Lady Freethinker

Trauriger Trend: Gestellte Tierrettungsvideos

In den letzten Jahren haben bereits verschiedene Tierschutzgruppen auf Videos aufmerksam gemacht, in denen scheinbare Tierrettungen inszeniert werden. Die Anzahl und Beliebtheit dieser Videos auf YouTube ist seither rapide gestiegen. Doch hinter den vermeintlichen Tierrettungen steckt oft Tierquälerei für Klicks. Die Videos zeigen meistens dieselbe Situation: Ein Raubtier greift ein anderes Tier an und bevor es zu einem tödlichen Ende kommen kann, erscheint ein Mensch, um die Tiere zu trennen und das vermeintliche Opfer zu retten.

Was vielen Zuschauern nicht bewusst ist, ist der Stress, dem die Tiere während oder durch die Produktion dieser Videos ausgesetzt sind. Oft werden sie verletzt oder sogar getötet. Anne-Lise Chaber, Wildtierärztin an der University of Adelaide in Australien, hat untersucht, wie diese Videos den Handel und den engen Umgang mit exotischen Haus- und Wildtieren normalisieren. Die Inhalte dieser Videos laden nicht nur zum Nachahmen ein, sondern verbreiten auch falsche Informationen über die gezeigten Tierarten. Beute zu fangen, ist ein natürlicher Instinkt von Wildtieren. Der Eindruck, den solche Videos jedoch vermitteln, ist ein ganz anderer und führt zur Dämonisierung von Jägerspezies wie Schlangen und Raubvögeln.

Doch nicht nur das Tierwohl leidet unter solchen Videos. Sie lenken auch die Aufmerksamkeit von echten Tier- und Naturschutzthemen ab. Daniel Nautsch, Naturschutzbiologe an der Macquarie University in Sydney, die den Schutzstatus von Wildtieren festlegt, betont, dass die Videos oft Titel tragen, die „Rassismus und kulturelle Missverständnisse“ befeuern. Ein Beispiel dafür wäre „Primitiver Mann rettet Schlange“.

Doch warum bringen Menschen Tiere in solche Situationen? Die Antwort ist simpel: Klickzahlen und viel Geld. Ein Beitrag, der auf YouTube Millionen Male aufgerufen wird, kann dem Urheber tausende Euro einbringen. Einen YouTube-Kanal zu eröffnen und darauf Videos zu teilen, ist heutzutage einfach und für jeden möglich. Doch um durch Werbeanzeigen tatsächlich Geld zu verdienen, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden. Ein Kanal benötigt einige tausend Abonnenten und muss im vergangenen Jahr mindestens 4.000 Stunden Betrachtungsdauer generiert haben, um für das YouTube-Partnerprogramm berechtigt zu sein.

Was macht YouTube dagegen?

Seit dem ersten hochgeladenen Video auf YouTube im Jahr 2005 hat die Plattform ein enormes Wachstum erlebt. Kritiker werfen YouTube jedoch vor, nicht konsequent genug Inhalte zu entfernen, die dem Gemeinwohl schaden, wie Verschwörungstheorien, Hassrede und Tierquälerei. Nach einem älteren Blogpost hatte YouTube bis 2020 10.000 Mitarbeiter eingestellt, die mithilfe von maschinellem Lernen die damals 500 Stunden Videomaterial überprüfen sollten, die minütlich hochgeladen wurden. Alleine von Januar 2021 bis März 2021 wurden mehr als neun Millionen Videos entfernt, die gegen die Community-Richtlinien verstoßen haben.

Im März 2021 kündigte YouTube an, inszenierte Tierrettungsvideos zu entfernen. Laut Lady Freethinker, einer kalifornischen Tierschutz-Non-Profit-Organisation, sind kurz danach mehrere hundert Beiträge entfernt worden. Umstrittenen Videos haben jedoch immer noch viele Aufrufe und Interaktionen auf der Plattform. Ein Kanal, der einen Kampf zwischen einer Python und einem Gibbon zeigte und 83.000 Abonnenten hatte, wurde erst entfernt, als National Geographic YouTube dazu um ein Interview bat.

Tierquälerei ist überall auf der Welt illegal

Du solltest wissen, dass Tierquälerei nicht nur ein moralisches, sondern auch ein rechtliches Problem ist. Jedes Land hat Gesetze, die Tierquälerei verbieten und Strafen für diejenigen vorsehen, die gegen diese Gesetze verstoßen. Wenn man also Tierquälerei auf Social Media sieht, solltest du sie nicht nur melden, sondern auch den zuständigen Behörden melden, damit rechtliche Schritte unternommen werden können. Links dazu ganz unten im Beitrag.

Ein Beitrag auf Social Media zeigt Tiere, die dir als süß oder lustig erscheinen? Tatsächlich ist es manchmal trotzdem Tierquälerei. Du findest das Video von einem Hund in einem Kostüm vielleicht auf den ersten Blick lustig. Aber wenn du genauer hinschaust, merkst du eventuell, dass er unter Stress steht oder dass ihm Schmerzen zugefügt werden. Reagier also nicht nach dem Ersteindruck mit einem Herz oder einem Like, sondern schau dir so einen Beitrag nochmals genauer an und achte auf mögliche Anzeichen von Tierquälerei.

Die Tierschutzorganisation PETA zeigt auf, dass manche Tiere nur mit Gewalt „erzogen“ oder dressiert werden können. Wildtiere wie Elefanten, Orang-Utans oder Tiger, die z.B. im Zirkus Kunststücke vorführen, sind also immer ein untrügliches Zeichen für Tierquälerei:

Diese 5 Tiere werden mit Gewalt erzogen

Du möchtest selbst gegen Tierquälerei auf Social Media aktiv werden?

Am Blog der Tierschützerin Michi Schreiber findest du einen Dreipunkteplan, wie du dagegen vorgehen kannst:

  • Erkennen: Welche Anzeichen sprechen für Tierquälerei?
  • Handeln: Verstörende Posts kommentieren, melden, anzeigen. Mit Screenshots aufmerksam machen.
  • Abgrenzen: z.B. mittels Hashtags und Disclaimer oder in dem du bei eigenen Beiträgen alles richtig machst

Melden, aufmerksam machen und anzeigen

Um Tierquälerei auf Social Media zu bekämpfen, gibt es wie gesagt einige Schritte, die du unternehmen kannst. Zunächst solltest du Beiträge, die Tierquälerei zeigen, sofort melden. Die meisten sozialen Medien haben eine Funktion, um solche Beiträge zu melden, und es ist wichtig, diese Funktion zu nutzen, um das Tier zu schützen. Du weißt nicht, wie das geht? Die Welttierschutzgesellschaft hat detaillierte Schritt-für-Schritt-Anweisungen für dich, wie das auf 15 verschiedenen Plattformen gemacht wird:

Du kennst die den Besitzer, die ein bedenkliches Bild oder Video von ihrem Tier verbreitet hat? Schreib eine Nachricht und bitte ihn, das Verhalten zu ändern oder das Tier in eine bessere Umgebung zu bringen. Wenn das nicht reicht und du dir weiterhin Sorgen um das Wohlergehen des Tieres machst, kannst du auch eine lokale Tierschutzorganisation kontaktieren, die dabei helfen kann, das Tier zu retten und ihm eine sichere Unterkunft zu geben. Und in ganz eindeutigen Fällen: Scheu nicht davor zurück, Tierquälerei zur Anzeige zu bringen.

Fazit: Insgesamt ist es wichtig, auf Anzeichen von Tierquälerei auf Social Media zu achten und diese sofort zu melden. Tierquälerei ist nicht nur unmoralisch, sondern auch illegal, und es ist unsere Verantwortung, die Tiere zu schützen, die auf diesen Plattformen gezeigt werden. Indem wir uns bewusst machen, wie Tierquälerei aussieht und welche Schritte wir unternehmen können, um sie zu bekämpfen, können wir dazu beitragen, dass Tiere sicher und gesund bleiben, sowohl auf Social Media als auch in der realen Welt.

Tierquälerei melden:

Deutschland: Veterinäramt (Liste mit Kontaktdaten), Polizei, örtliches Tierheim oder Tierschutzverein, PETA. Bei Lebensgefahr: Polizei anrufen

Österreich: Tierombudsstelle, Polizei, Amtstierarzt der Bezirkshauptmannschaft, örtliche Tierheime und Tierschutzvereine. Bei Lebensgefahr: Polizei anrufen

Schweiz: Kantonales Veterinäramt, Polizei, PETA. Bei Lebensgefahr: Polizei anrufen

Ausland: Infos auf Tierschutzbund.de


Quellen: Lady Freethinker, National Geographic, Welttierschutzgesellschaft, PETA, Vier Pfoten, Deutsches Tierschutzbüro, World Animal Protection, Michi Schreiber, Jonas Ems

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Hinweis: Dieser Inhalt gibt den Stand der Dinge wieder, der zum Zeitpunkt der Veröffentlichung aktuell
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