Verstörendes Video zeigt nicht die Entfernung eines „Impfwurms“
Ein altes Video macht mit neuer Interpretation die Runde: Bei dem Tier, das aus dem Rachen einer Patientin entfernt wird, soll es sich um einen „Impfwurm“ handeln.
Die Behauptung
In einem verstörenden Video sieht man, wie ein fast 1 Meter langer Wurm aus dem Mund einer Patientin gezogen wird. Der Kommentar dazu: „#Impfwurm in einem #geimpften entdeckt! Das macht die #Impfung mit euren Körper!!!1″
Unser Fazit
Der Videoclip tauchte erstmals am 31. August 2020 im Netz auf und soll in der russischen Republik Dagestan aufgenommen worden sein. Covid-Impfstoffe waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht erhältlich. Die Behauptung mit dem „Impfwurm“ ist falsch. Die Bilder zeigen wahrscheinlich einen parasitären Wurm oder eine Schlange.
Trigger-Warnung! Das folgende Video zeigt, wie ein etwa ein Meter langes Tier – der vermeintliche „Impfwurm“ – aus dem Mund einer Patientin gezogen wird. Wenn Sie Angst vor Schlangen haben oder zu Albträumen neigen, klicken Sie besser nicht darauf.
#Impfwurm in einem #geimpften entdeckt!
Falschbehauptungen im Kommentar zum Video
Das macht die #Impfung mit euren Körper!!!1
Gegen die #Impfpflicht
Gegen das #Merkelregime!
#Impfnebenwirkungen
Diese Behauptungen sind aus mehreren Gründen Unsinn. Die ganze Geschichte hinter den Bildern:
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Das Video mit der „4-Fuß Schlange“
Der Clip mit der medizinischen Prozedur tauchte erstmals am 31. August 2020 auf und wurde sowohl auf Social Media, als auch in vielen Boulevardblättern weltweit [1, 2, 3, 4] weiterverbreitet. Darin sieht man einen Sondenschlauch im Mund einer Patientin unter Narkose stecken. Das medizinische Team zieht den Schlauch heraus und am Ende baumelt eine etwa einen Meter lange wurm- oder schlangenförmige Kreatur, die sich leicht windet. Während sich die Frau im Video sichtbar ekelt, hört man im Hintergrund Lachen und kurze Satzfetzen auf Russisch. Vor der Prozedur: „Schauen wir mal!“ und danach: „Das war jetzt unerwartet!“
Viele Zeitungen (wie die indische TimesNowNews) zitieren die arabischsprachige Zeitung Al-Bayan: Es soll sich bei der Patientin um eine Frau aus einem Dorf im russischen Dagestan in der Kaukasusregion handeln. Die Kreatur soll eine vier Fuß (etwa 1,2 Meter) lange Schlange sein, die der Frau im Schlaf in den Mund gekrochen ist, wie die Dailymail schreibt. Laut Einheimischen soll das in der Region immer wieder mal vorkommen, weshalb sie auch davor abraten, im Freien zu nächtigen.
Schlange oder Spulwurm?
Während die einen von einer Schlange ausgehen, sprechen andere von einem parasitären Wurm. Das Medienportal Inverse hat mit Experten darüber gesprochen, die sich das Video angesehen haben: Reptilienforscher Toby Hibbitts geht von einem Spulwurm aus, wahrscheinlich aus der Gattung Ascaris. Diese werden aber gewöhnlich nicht so lang. Professor Emily Taylor von der CalPoly hält das Tier auch eher für einen Magen-Darm-Parasiten als für eine Schlange. Naturschutzbiologe Luke Linhoff hält sowohl eine Schlange, einen Aal oder einen großen parasitären Wurm für möglich.
Die Wurm-These klingt realistischer, aber da keine weiteren Hintergrundinformationen zum Video vorliegen, kann die Schlangen-These nicht völlig ausgeschlossen werden. Dagestan liegt in der Nähe des Kaspischen Meeres, Schlangen in dieser Region sind sehr vielfältig. Zu den Arten vor Ort gehören u.a. die Javelin-Sandboa, die Eurasische Blindschleiche und die Rotbauchschlange.
Das Gebiet zwischen dem Kaspischen und dem Schwarzen Meer hat eine große Vielfalt an Lebensräumen, vom Hochgebirge bis zur trockenen Steppe, mit vielen erstaunlichen und bedrohten Arten. Mit einem guten Foto oder einem qualitativ hochwertigen Video wäre es einfach, die Art zu identifizieren.
Biologe Luke Linhoff zu Inverse
Schlangen, die in den Rachen von Schlafenden kriechen?
Und wie sieht es mit dem gruseligen Teil aus: Wie wahrscheinlich ist es, dass einem eine Schlange im Schlaf in Mund und Magen kriecht? Die drei befragten Experten geben gegenüber Inverse Entwarnung: Schlangen haben keinen Grund, in den Mund eines Menschen zu kriechen. „Schlangen meiden Menschen im Allgemeinen unter allen Umständen. Sie sehen in einem Menschen ein großes Raubtier oder eine Bedrohung und tun ihr Bestes, um sich zu verkriechen“, sagt Linhoff. „Wenn sie an Wärme interessiert wären, würden sie eher in Ihre Kleidung kriechen.“
Es wäre sehr unwahrscheinlich, dass eine Schlange, egal welcher Größe, insbesondere eine große, in den Magen eines Menschen kriecht, während dieser schläft. Die Speiseröhre ist kollabiert, es ist also nicht so, als wäre sie nur ein Tunnel, und der Mensch muss schlucken, um etwas vom Mund in den Magen zu befördern.
Emily Tylor zu Inverse
Sollte es sich wirklich um eine Schlange und keinen parasitären Wurm handeln, dann ist das Tier wohl absichtlich verschluckt worden. Und auch das ist gar nicht so einfach, wenn man an den Würgereflex denkt. Wenn sie erst einmal im Magen ist, würden außerdem Sauerstoffmangel und Verdauungssäfte die Schlange schnell töten. Menschen brauchen sich keine Sorgen zu machen, so Taylor: Das Risiko, dass eine Schlange in den Rachen kriecht, geht gegen null.
Nein, kein „Impfwurm“
Wie schon in der Vergangenheit von Correctiv widerlegt wurde, werden mit den Covid-Impfstoffen keine Parasiten übertragen. Also auch keine „Impfwürmer“. Bei den angeblichen Parasiten handelt es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um Verunreinigungen der untersuchten Proben oder Objektträger.
Noch etwas spricht gegen die Interpretation, dass man im Video die Entfernung eines „Impfwurms“ sehen würde: Am 31. August 2020, als das Video erstmals verbreitet wurde, waren die Covid-Impfstoffe noch nicht freigegeben. In Russland liefen zu diesem Zeitpunkt noch die Phase-II-Studien für den Sputnik V-Impfstoff. Eine erste Phase-III-Studie mit 40.000 Teilnehmern startete erst Anfang September 2020 in Moskau. Die ersten Covid-Impfungen in der EU liefen im Dezember 2020 an.
Übrigens sind auch die weiteren Aussagen im Kommentar des Tweets Unsinn: In Deutschland gab es nie eine allgemeine Impfpflicht gegen Covid-19. Außerdem ist Angela Merkel bereits seit 15 Monaten nicht mehr Bundeskanzlerin und ihre Partei, die CDU, auch nicht mehr Teil der Bundesregierung.
Fazit: Der Videoclip tauchte erstmals am 31. August 2020 im Netz auf und soll in der russischen Republik Dagestan aufgenommen worden sein. Covid-Impfstoffe waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht erhältlich. Die Behauptung mit dem „Impfwurm“ ist falsch. Die Bilder zeigen wahrscheinlich einen parasitären Wurm oder eine Schlange.
Quellen: CDC, Inverse, Correctiv, apotheke adhoc, dailymail, Al-Bayan, TimesNowNews, Daily Star, india.com, Targum
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