Aus einem Interview ist eine Bemerkung über Kniebeugen und klatschen besonders in den Fokus der Kritik gerückt.

Kniebeugen und klatschen? Angela Merkel hat in einem Interview mit dem deutsch- und türkischsprachigen Radiosender Metropol FM über die Corona Maßnahmen in Deutschland gesprochen. Das Video findet man in voller Länge auf YouTube (hier). Für unseren Faktencheck geht es um eine kurze Passage daraus.

Ich betreibe ja recht gerne Sport. Ich laufe häufig und auch weit. Also drei bis viermal in der Woche nehme ich mir die Zeit, und laufe jeweils meine 8 bis 14 km. Dabei schaue ich auch nicht auf das Wetter.

Erst gestern Abend bin ich wieder 12 km bei Schneeregen durch den Prater gelaufen. Kalt? Nein, kalt ist mir nicht geworden. Das liegt wohl daran, dass ich mich bewege. Etwas ähnliches dürfte auch Angela Merkel im Kopf gehabt haben, als sie in dem Interview mit dem Radiosender Tipps gab, wie Kinder sich warmhalten können.

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Das gesamte Video dauert über 18 Minuten. Es geht um Themenbereiche wie das gesellschaftliche Leben in Zeiten von Corona, Impfstoffe, Hochzeiten, Verschwörungsmythen und eben auch die Schule. Die in die Kritik geratene Aussage stellt hier weniger als 20 Sekunden dar:

[…] man muss sich vielleicht wirklich ein bisschen was Wärmeres noch zum Anziehen mitbringen, vielleicht macht man auch mal eine Kleine Kniebeuge oder so oder Klatscht in die Hände, damit man bisschen warm wird, […]

Diese Tipps sind für sie jedoch nun zu einem Bumerang geworden. In der Politik und auf Social Media (besonders auf Social Media) werden ihr diese Tipps vorgeworfen. Ganz speziell der Tipp Kniebeugen und klatschen.

Kniebeugen & klatschen: Also, was ist geschehen?

Im Grunde genommen handelt es sich um ein harmloses Interview. Dabei weist die Kanzlerin unter anderem auch darauf hin, dass es unheimlich wichtig ist, die Klassenräume zu lüften. Sicherlich ist das gerade im Winter nicht immer sehr angenehm und die Räume werden dadurch kalt. Daraufhin gibt Merkel Tipps, wie man sich gegen die Kälte schützen kann.

Natürlich geht dies durch warme Kleidung, aber es gibt auch noch andere Wege. Wie ich ja als Hobbysportler nun mal weiß, ist Bewegung ein guter Tipp. Und das hat auch Merkel im Interview angemerkt. Sie hat das mit Kniebeugen und klatschen umschrieben.

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Natürlich gibt es auch noch andere Alternativen, um sich durch Bewegung warm zu halten. Daher waren das in diesem Fall Beispiele. Eine Anweisung oder gar ein Gesetz stellen die Worte Kniebeuge und klatschen natürlich nicht da. In der starken Verkürzung und bei dem Herunterbrechen auf diese Aussage wird vergessen, dass sie zu dem Thema noch mehr sagt:

Gegenfrage des Interviewers: Eine leichte Sporttätigkeit vor dem Unterricht?
Merkel: Ja, oder wenn man dann nach 20 Minuten eine kleine Pause macht, aber das soll jetzt jeder für sich entscheiden. Nicht dass es nachher heißt, die Bundeskanzlerin verlangt das. So nicht. Nur wenn einem kalt ist, hilft es ja manchmal.

Genau diese Passage aus dem Interview wird in der kurzen Darstellung nicht berücksichtigt. Dadurch entsteht der Bedeutungsrahmen, Merkel wolle (wie in teilweise faschistischen Systemen üblich) eine Art gleichgeschalteten Schulsport errichten.

Wie angemerkt, ist dieses Video, wie auch die getätigte Aussage,  natürlich kein Fake. In vielen verschiedenen Medien wird sie wiedergegeben (vergleiche hier, hier oder hier). An den meisten Stellen wird die Aussage über Kniebeugen und klatschen auch eher unkritisch dargestellt.

Hin und wieder gibt es jedoch die Anmerkung, dass es sich hierbei auch um eine unglückliche Formulierung gehandelt habe. So beschreibt Meedia.com die Aussage als unglücklichen Satz: „Mit einer etwas unglücklichen Formulierung sorgte Angela Merkel am Dienstag für den Social-Media-Aufreger des Tages.“

Grundsätzlich lässt sich immer vorzüglich über einige Anti-Corona-Maßnahmen streiten. Auch in diesem Fall kochen die Gefühle speziell auf Social Media hoch. Ob diese Maßnahme nun richtig oder falsch ist, können wir an dieser Stelle nicht beschreiben.

Wir können lediglich sagen, dass Angela Merkel diese Aussage im Kontext der möglichen Maßnahmen an den Schulen getätigt hat. Gleichzeitig müssen wir auch anmerken, dass augenscheinlich bewusst Aussagen von ihr ausgelassen wurden, in denen es über die Entscheidungsfreiheit bezüglich der Methoden geht.

Niemand wird gezwungen, sie selbst merkt in dem Video bereits an, dass sie rein gar nichts dahingehend verlangt. Die Vergleiche mit diktatorischen oder faschistischen Staaten sind daher maßlos überzogen.

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Kniebeugen und klatschen? Für mich als Hobbysportler kommt dann doch lieber ein ausgedehnter Lauf infrage. Wer jetzt nicht raus ins Kalte möchte, kann jedoch gerne bei uns weiterlesen:
Betrugsmasche mit Impfstoff gegen COVID-19. Am Dienstag, 08.12.2020, versuchten Betrüger Wertgegenstände von Geschädigten zu erlangen, indem sie erzählten, dass sie mit einem Impfstoff gegen COVID-19 vorbeikommen würden. Mehr hier!

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