Ein Kommentar. Alle kennen sie, alle nutzen sie, unsere riesige Online-Enzyklopädie. Doch, was Viele nicht wissen: Die meisten Artikel werden von und über Männer gemacht. Warum das eine Rolle spielt, hier:

Am 15. Januar feierte sie Geburtstag. Seit 20 Jahren ist Wikipedia wohl die einfachste Lösung für das schnelle Wissen. Etwa 2,5 Millionen Artikel zählt die deutsche Version momentan und die Online-Enzyklopädie wächst stetig weiter, allein bei der deutschen Version kommen täglich ungefähr 400 hinzu.

Bei so vielen Artikeln auf Wikipedia lohnt es sich zu fragen, woher kommen die eigentlich?

Eigentlich kann sich jeder bei Wikipedia engagieren und Artikel schreiben, was auch kritisch gesehen wird. Denn nicht immer gilt Wikipedia als verlässliche Quelle. Für die deutsche Seite sind 3,6 Millionen Verfasser*Innen angemeldet. Über die aktiven Schreiber*Innen hat nun die Zeit in Berufung auf Umfragen von Wikipedia selbst Zahlen herausgebracht.

Demnach haben nur 15% keine Hochschulreife, die meisten westeuropäischen Verfasser*Innen sind über 45. Und vor allem sind es Männer. Ganze 90% . Auch viele Artikel sind themenmäßig männlich geprägt. So sind 84% der Biografien ebenfalls über Männer.

Nun kann man sagen: „Wissen ist Wissen. Egal, wer das produziert oder schreibt.“ Ich würde sagen, das stimmt so nicht ganz.

Warum ist es wichtig, wer unser Wissen macht und schreibt?

Weil Wissen etwas Konstruiertes ist. Das heißt nicht, dass wissenschaftliche Tatsachen niemals wahr oder richtig sein können. Aber sie entstehen in bestimmten Kontexten und es macht einen Unterschied, diese zu kennen oder nicht.

Je nach dem wie eine politische oder gesellschaftliche Lage aussieht, beeinflusst das auch die Wissenschaft. Zu was wird geforscht? Welche Fragen werden gestellt und welche werden v.a. nicht gestellt? Denn auch Wissenschaftler*Innen sind Menschen und arbeiten nicht außerhalb der Welt.

Es gibt viele Hintergrundfaktoren, die die Wissensproduktion beeinflussen können. Doch am Beispiel von Geschlecht und Gender wird das besonders eindrücklich.

Warum es auf den Blickwinkel ankommt, am Beispiel des weiblichen Körpers in der Wissenschaft

Vor allem, wenn es um medizinische Studien geht, wird meistens noch der männliche Körper als menschliche Norm gesehen. Der weibliche Körper dagegen mit seinen anderen Bedürfnissen – aufgrund von Hormonspiegeln etc. – wird oft vernachlässigt. Doch gerade in der Medizin kann eine Vernachlässigung schwerwiegende Folgen für Menschen haben.

Wenn man also weiß, dass 50% aller Körper anders sind, warum dann diesen Umstand nicht in Studien berücksichtigen, um z.B. adäquate Medikamente zu entwickeln? Oder Herzinfarkte auch bei Frauen früher festzustellen? Sind auf diese Weise, Aussagen über den Menschen an sich überhaupt möglich?

Auch was wir nicht wissen, hat etwas mit Wissensproduktion zu tun

Dies ist aber nur ein Beispiel, wie kontextualisiert Forschung und Erkenntnisproduktion sein kann. Um auf solche Probleme aufmerksam zu machen, kann es helfen mehr Menschen in die Wissenschaft zu inkludieren. Denn dadurch, dass man anders von Problematiken betroffen ist, stellt kann man auch andere Fragen stellen. Und damit meine ich nicht nur Frauen.

Doch auch in der Vermittlung und Darstellung von Wissen auf Wikipedia spielt der Kontext eine Rolle

Denn hier wird das Wissen aufbereitet und kommuniziert, welches wir jeden Tag nutzen. Auch bei Online-Enzyklopädien wie Wikipedia geht es darum zu schauen, welche Themen, Menschen oder Fragen als wichtig und welche als weniger relevant erachtet werden.

Wenn überwiegend Männer Artikel schreiben, entstehen auch eher männlich geprägte Themen und Perspektiven. Dabei geht es hier nicht um sogenannte (ebenfalls sehr konstruierte) ‚Männerthemen‘, sondern um eine strukturelle Perspektive, die andere einfach oft übersieht, weil sie es nicht gewohnt ist, auf diese Perspektiven zu achten.

Insgesamt würde es dem gesamten Wissensbettrieb guttun, diverser zu werden. Denn schließlich ist auch unsere Welt divers. Gerade auf stark genutzten Plattformen wie Wikipedia ist es deswegen wichtig, auf Ungleichheiten zu achten.

Wie Wikipedia neu editiert wird

Wenn man dieses Thema in Bezug auf Frauen anspricht, hört man manchmal das Kommentar: „Na dann, sollen Frauen eben einfach mehr Artikel schreiben.“ Diese Aufforderung ist leichter gesagt als getan. Denn schließlich muss man erstmal gegen das bestehende Ungleichgewicht ankommen.

Es gibt aber bereits Initiativen, die für ein ausgeglicheneres Wikipedia kämpfen. Es haben sich z.B. Aktivist*Innengruppen wie WomenEdit gegründet, um gemeinsam Frauen und eine andere Perspektive auf Wikipedia sichtbarer zu machen.

Denn es ist wichtig, wie Wissen erzählt wird. Vor allem auf einer Plattform, die täglich millionenfach genutzt wird. Und bei 84% männlichen Biografien muss man sich doch fragen, über wie viele interessante Frauen haben wir noch nichts gehört?

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