Zum 1. Juni soll es einen digitalen Impfausweis geben, doch viele Punkte sind noch gar nicht geregelt. Was wird er letztendlich nützen?

Viele ältere Menschen ab 65 gruselt es bei dem Begriff „digitaler Impfausweis“. Aus gutem Grund: Sie haben oftmals gar keine Smartphones. Und doch ist es die Bevölkerungsgruppe, die bisher am Besten durchgeimpft wurde.

Müssen sich jetzt auch die älteren Mitbürger alle Smartphones zulegen? Was bringt der digitale Impfausweis überhaupt? Und dürfen dann junge Leute ohne Impfung gar nicht reisen?

Die EU macht Tempo

Der Vizepräsident der EU-Kommission Margaritis Schinas sagte der FAZ, dass der digitale Impfausweis bereits zu Beginn des Sommers eingesetzt werden soll, welcher am 1. Juni beginne.

Diese Eile habe zweierlei Gründe:
Erstens möchte man den Bürgern Perspektiven geben, zweitens fürchte man, dass die Privatwirtschaft schneller sei und einen eigenen digitalen Impfausweis entwickle.

Die Frage mit dem Reisen

Der digitale Impfausweis solle also zum Sommer bereits verfügbar sein, zur besten Reisezeit. Der Hintergedanke ist somit klar: Die Perspektive für die Bürger soll sein, dann wieder ungehindert reisen zu können.

Das klingt zwar ganz gut, jedoch stößt man schon dabei schnell auf ein Problem:
Dürfen dann etwa tatsächlich nur Geimpfte reisen? Denn dann würde es im Prinzip nur Kaffeefahrten geben, da bisher nur die älteren Bürger großflächig geimpft wurden.

Deswegen soll der digitale Impfausweis auch nicht nur für Impfungen gelten, sondern auch für Testungen mit zugelassenen PCR-Tests, Antigen-Schnelltests und für Personen, die bereits COVID-19 hatten und als immun gelten. Doch wie soll das dann aussehen?

Reiche es dann wirklich, bereits COVID-19 gehabt zu haben, was allerdings nach bisherigen Erkenntnissen eine geringere Immunität bewirkt als eine Impfung? Reicht der Nachweis eines Arztes? Wie lange muss ein Test her sein? Wird es einen europaweiten einheitlichen „Genesungsnachweis“ bis Juni geben?

Welche Impfstoffe werden anerkannt?

Was die verwendeten Impfstoffe angeht, ist Europa keinesfalls einheitlich. In Ungarn beispielsweise wird das russische Sputnik V und Sinopharm aus China verimpft. Gelten Bürger aus Ungarn dann in Deutschland und Österreich beispielsweise als ungeimpft und dürfen nicht einreisen?

Ein Sprint ohne Laufschuhe

All diese Fragen sollen also bis zum Sommer geklärt sein, um einen europaweit einheitlichen Impfstandard zu erlassen, der einen solchen digitalen Impfausweis auch möglich macht.

Das Problem nur: Ein ordentliches Gesetzgebungsverfahren in der EU zieht sich zumeist auf wenigstens ein Jahr hin. Laut Schinas soll es ein beschleunigtes Verfahren geben, doch dem müssen auch alle EU-Staaten zustimmen. Deutschland besteht zudem auch darauf, dass der Nachweis nicht nur digital, sondern auch analog im klassischen Impfpass vorliegen muss.

Österreich prescht vor

Laut der Tourismusministerin Elisabeth Köstinger werde man in den nächsten Tagen die rechtlichen Grundlagen für erste Schritte setzen, um einen digitalen Impfausweis zu ermöglichen, welche diesen dann bereits im April möglich macht.

Bundeskanzler Sebastian Kurz wolle nicht auf die Umsetzung auf europäischer Ebene warten. Bereits Mitte April soll es laut Gesundheitsminister Rudolf Anschober eine Verankerung der Testungen geben, welche Zutrittsmöglichkeiten elektronisch (per QR-Code) ermöglichen.

In einem zweiten Schritt soll es ab Mitte Juni dann einen Immunitätsnachweis für Genesene und Geimpfte geben – wobei aber immer noch nicht klar ist, wie lange man nach einer Impfung oder Genesung wirklich immun ist.

Was wird der Impfausweis dann bringen?

Auch darüber sind sich die EU-Staaten uneins. Einerseits Reisefreiheit innerhalb der EU, wofür sich Österreich und andere Urlaubsländer aussprachen. Deutschland ist jedoch dagegen, solange noch wenige Menschen Chancen auf die schützende Impfung haben.

Andererseits werden auch Läden dies auf die eine oder andere Art nutzen. Darf man dann in bestimmte Geschäfte nur mit Nachweis mittels digitalem Impfpass? Wird es auch Geschäfte für Pandemie-Leugner geben á la „Eintritt nur für Ungeimpfte“?

Auch dafür muss es Regelungen geben, um die Gesellschaft nicht noch mehr zu spalten – und das in nur sehr kurzer Zeit!

Es ist somit zwar durchaus zu begrüßen, dass eine EU-einheitliche Regelung angestrebt wird, doch noch muss sich zeigen, ob die Ankündigung des digitalen Impfausweises als Hoffnungsschimmer für das Volk nicht doch nur eine Nebelkerze ist.

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Quellen: FAZ, OÖN
Artikelbild: Glomex
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