Ein „Rezept“ empfiehlt das Einkochen von Wasser, um damit seine immunstärkenden Eigenschaften zu intensivieren. Funktioniert das?

Bereits seit längerer Zeit taucht dieser Zeitungsausschnitt mit dem Tipp für „Eingekochtes Wasser“ immer wieder in sozialen Medien auf. Demnach soll man Wasser einkochen. Laut der Verfasserin würde dadurch der Molekularverbund verdichtet und die immunstärkenden Eigenschaften intensiviert. Anschließend folgt noch eine kurze „Trink-Anleitung“.

Um diesen Zeitungsausschnitt handelt es sich:

Foto des Zeitungsartikels / Screenshot Facebook
Foto des Zeitungsartikels / Screenshot Facebook

Das Foto zeigt einen Ausschnitt aus der Zeitschrift „Bild der Frau“. Autorin des Artikels war Kerstin Rosenberg. Sie ist laut Wikipedia eine deutsche Autorin, die sich mit der indischen Heilkunde Ayurveda beschäftigt.

Wasser und Ayurveda

Ayurveda ist eine ganzheitliche indische Gesundheitslehre, die ältesten bekannten Aufzeichnungen dazu sind rund 3.000 Jahre alt. Dass es zu so manchen Erkenntnissen damaliger Zeiten nun bereits neuere und auch wissenschaftlichere Thesen gibt, ist verständlich.

Man kann also davon ausgehen, dass in den ayurvedischen Schriften der Begriff „Wassermoleküle“ nicht auftauchen wird, da dies damals einfach noch nicht bekannt war. Liest man also heutzutage etwas von Wassermolekülen in Zusammenhang mit Ayurveda, so sollte man davon ausgehen, dass dies eine Formulierung aus neuerer Zeit sein muss.

Es könnte gut sein, dass die ayurvediesche Form des Wasser-Abkochens aus einer Zeit kommt, wo dies aufgrund der Keimbelastung sicherlich sinnvoll war. Die Vermutung liegt allerdings nahe, dass man diese Schlussfolgerung oder Erkenntnis aus Beobachtungen gezogen hatte, ohne die biologischen Hintergründe zu kennen. In einigen Regionen empfiehlt sich das Abkochen von Wasser nach wie vor. – Unabhängig von Ayurveda.

Den Begriff „Einkochen“ kennt man aus so manchen Rezepten, wenn es darum geht, eine Soße einzudicken bzw. zu reduzieren. Sprich: Man lässt sie etwas länger köcheln, das Wasser in ihr verdampft, das Ergebnis ist eine etwas dickere Soße. Doch diesen Vorgang kann man nicht 1:1 auf Wasser ummünzen.

Wasser bleibt Wasser

Beim Kochen wird Energie in Form von Wärme zugeführt, dadurch bewegen sich die Wassermoleküle immer schneller und schneller, bis sie schließlich den Molekülverbund des Wassers verlassen und in Form von Dampf abhauen. Dadurch wird der Molekülverbund aber nicht dichter. Das Wasser wird auch nicht dicker, sondern einfach nur weniger. Die Konzentration der darin gelösten Stoffe ist dann höher – ja.

Sieht man sich zum Beispiel seinen Wasserkocher zuhause an, dann bildet sich da drinnen nach einer gewissen Zeit gerne eine weiße Schicht. – Kalk.
Das kommt daher, dass beim Aufkochen in eben diesem Wasserkocher nur das Wasser verdampft, aber eben nicht die Inhalte wie in diesem Fall Kalk. Dieser setzt sich dann an den Innenseiten des Kochers ab.

In ihrem Blog schreibt Kerstin Rosenberg im Oktober 2017 auch über Wasser, hält sich aber mit immunrelevanten Themen zurück, sondern erklärt hier eher, dass das Abkochen von Wasser wohl daher rührt, dass man im Ayurveda das Herunterkochen zur Herstellung von Heilmitteln nutzte. Darauf dürfte auch die Empfehlung zum Abkochen von Wasser basieren. Weiters schreibt sie dazu: „Auf alle Fälle ist damit eine hygienisch einwandfreie Aufbereitung gewährleistet.“
Immunstärkende Eigenschaften werden hier nicht mehr erwähnt.

Fazit

Dass einiges an Wasser in Form von Wasserdampf verpufft, wenn Energie in Form von Wärme zugeführt wird, ist klar. Dass dies allerdings in irgendeinem Zusammenhang mit immunbiologischen Vorgängen im Körper zu tun haben soll, ist etwas weit hergeholt.

Regelmäßige Flüssigkeitszufuhr ist für den Wasserhaushalt unseres Körpers natürlich wichtig. Dass abgekochtes Wasser hier noch mehr erreichen soll, wissenschaftlicher Nonsens.

Ausnahmen stellen natürlich Regionen dar, in denen es aus hygienischen Gründen sinnvoll ist, das Wasser vor dem Trinken abzukochen, um damit Keime zu entfernen.

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