Die Behauptung

Der „Guinness Coin Test“ ist die Aussage, dass man am Geräusch, welches das Glas macht, wenn man es mit einer Münze anschlägt, erkennen kann, ob das Bier auch trinkfertig ist.

Unser Fazit

Das Bier klingt definitiv anders, was an den (nach kurzer Zeit fehlenden) Luftblasen liegt.

Wie das funktioniert, erklären wir im Faktencheck.

Gestern war wieder einer dieser angenehmen Abende. Ich habe bei uns um die Ecke im Irish Pub gesessen und gemütlich ein Bier getrunken. Im Laufe des Abends klinkte sich vom Nebentisch ein netter Herr ins Gespräch. Er erklärte mir einen Trick, anhand dessen ich erkennen könne, wann sich das frisch gezapfte Guinness im Glas gesetzt hätte und es seinen idealen Trinkzustand bekommen hätte. Dazu müssen wir nur eine Münze haben. Eine Münze und natürlich ein frisch gezapftes Guinness.

Das Ganze funktioniert so: wenn du ein frisch gezapftes Guinness bekommst und mit einer Münze gegen das Glas klopfst, würdest du ein bestimmtes Geräusch hören. Also ein „Klong“. Direkt nach dem Zapfen sehen wir in der Tat auch, dass das Bier noch ein wenig schaumig-sprudelnd ist. Im Laufe der nächsten Minuten ändert sich dieser ganz leicht schaumig-sprudelnde Zustand jedoch und das Bier wird dunkler. Wenn man also nach einigen Minuten mit der Münze erneut gegen das Glas schlägt, hört man ein anderes Geräusch, also ein anderes „Klong“ oder gar ein „Kling“. Wenn wir dieses andere „Klong“ hören, ist das Guinness angeblich trinkbereit.

Soweit die Legende, die mir der Herr vom Nebentisch nicht nur erzählt, sondern mehrfach im Laufe des Abends auch vorgeführt hat. Jetzt ist es nun mal so, dass ein Feldversuch in dieser Form vor Ort in einem belebten Irish Pub natürlich nicht so ohne weiteres ohne störende Einflüsse ausführbar ist. Wir haben letztendlich verschiedene Faktoren und Beeinträchtigungen vorliegen, die nicht gerade für einen beweisbares Ergebnis in dieser Form am Ende stehen. Zum einen haben wir verschiedene umweltbedingte äußere Lärmfaktoren, die auf unsere Klangtests einwirken. Zum anderen ist nie gewährleistet, dass der Prüfende immer mit derselben Intensität über die Münze auf das Glas einwirkt. Ein weiteres Problem besteht nicht zuletzt in der selektiven Wahrnehmung, da man sich ja auch das gewünschte Ergebnis ein wenig auch erhofft. Bringen wir es auf den Punkt: wir waren natürlich am gestrigen Abend auf keinen Fall in der Lage, einen vernünftigen Faktencheck auszuführen. Erst recht dann nicht, wenn mehrere Versuchsgegenstände im Laufe der Zeit ausprobiert wurden.

Guinness im Faktencheck

Aber was ist denn dran an dieser Aussage? Hierzu haben wir dann heute am Vormittag OHNE Pub und Bier einen Faktencheck gestartet. Die erste Frage liegt darin, ob Guinness überhaupt die Möglichkeit hat, seine physikalischen Eigenschaften so zu ändern, damit diese auch akustisch auffallen. Die erste Idee, einen erneuten Selbsttest zu starten, habe ich direkt verworfen. Das muss jetzt nicht noch mal sein (oder vielleicht doch?). Stattdessen habe ich lieber Fachpersonen befragt und war auf der Suche nach entsprechender Literatur.

Mein erster Hinweis kam von Florian Aigner, seines Zeichens Physiker, Autor, Wissenschaftserklärer. Aigner merkte mir gegenüber an, dass herumtreibende Bläschen in einem Gefäß den Klang verändern können. Insofern wäre die ursprüngliche Aussage ja sogar plausibel. Und hier könnte auch der Unterschied zwischen Guinness und anderen Bieren zum Zuge kommen.

Guinness ist ein Stout, das mit 70 % Stickstoff (oder gar mehr, je nachdem wo man sich befindet) gezapft wird. Das ist übrigens auch der Grund, warum in den Guinness-Dosen eine Kugel vorhanden ist, das ist der sogenannte Floating widget. Der Stickstoff, der während des Zapfvorgangs hinzukommt, verleiht dem Bier in dieser Form seinen Charakter und sorgt überdies auch für einen interessanten Perl-Effekt (siehe: „Bubble cascade in Guinness beer is caused by gravity current instability„).

Wie bereits anfangs dieses Textes erwähnt, können wir direkt nach dem Zapfvorgang beobachten, dass das Bier noch leicht schaumig-sprudelt und in der Farbe noch ein wenig hellbraun ist. Dies ändert sich innerhalb kurzer Zeit. Das schaumige Sprudeln verschwindet, der Schaum an der Oberfläche wird fester und das Bier insgesamt dunkler.

Und wenn ich nun mit einer Münze an das Glas schlage? Ja, da kann sich in der Tat die Klangfarbe geändert haben! Physiker sprechen hier von dem „Cappuccino-Effect“ oder „Hot chocolate effect“. Dieser Effekt bedeutet, dass Luftbläschen in einer Flüssigkeit die Geschwindigkeit verändern, mit der sich der Schall in der Flüssigkeit ausbreitet. Und das am Ende wirklich hörbar (hierzu auch: Heißes Wissen – Der Cappuccino-Effekt).

Es geht also im Grunde gar nicht wirklich um das Guinness, sondern um jede Flüssigkeit, die durch Luftblasen „verunreinigt“ wird oder eben in der die Blasen verschwinden. Vergleiche hierzu „The Sounds of Teacups and Glasses“:

Experiment
Mit einem gewöhnlichen Luftsprudler in einem Wasserhahn wurde Luft in das Wasser eingeleitet. Ein Becher mit einem Innendurchmesser von 8 cm und einer Tiefe von 8 cm wurde bis zu einer Tiefe von 7,5 cm gefüllt. Ungefähr 0,25 Sekunden nach dem Füllen des Bechers wurde der Boden einmal mit einem Metalllöffel angeklopft. Nach weiteren 3,5 Sekunden wurde der Boden erneut angeklopft.

http://drphysics.com/teacup/teacup.html

Tatsächlich konnte in diesem Experiment gezeigt werden, dass die Resonanzspektren sich verändern, wenn unterschiedliche Mengen an Luftbläschen sich in einer Flüssigkeit befinden. Lange rede, kurzer Sinn: Es gibt auch ein wunderbares Video, in dem wir genau dieses Experiment anschauen können.

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„Guinness ist wie ein guter Gast, der sich erstmal setzen muss“

Und das ist am Ende der Effekt, den wir auch in unserem Guinness-Glas am gestrigen Abend beobachten und wohl auch hören konnten (es war laut, die Münze nicht immer gleichmäßig, etc.). Sicherlich reicht das „Sehen“ aus und man kann auch darauf warten, bis sich optisch der Inhalt beruhigt hat. Diese typische Brandung muss sich „von unten aufrollen“. Das kann man bereits mit dem Auge beobachten.

Ergo: Das Glas gab auch einen anderen Klang von sich, nachdem das Bier seine charakteristische dunkelbraune Färbung bekommen hatte und die schaumig-sprudelnden Schlieren verschwunden waren. Es hat sich „gesetzt“ und hat nun seinen, für ein Stout typischen, weichen und vollen Geschmack bekommen. Es ist also „trinkfertig“. Und der „Guinness Coin Test“ dürfte ein Indikator dafür sein.

An dieser Stelle von mir ein lautes „Slainte!“ an Manuel Michenthaler.

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