Rentner, die angeblich aus einem Altenheim geworfen werden, Hallen, die von der Feuerwehr aufgebrochen werden – Videoschnipsel aus Berichten, die gerne dazu verwendet werden, um Panik vor Enteignungen und gleichzeitig Hass gegenüber Geflüchteten zu schüren, und all dies für Klicks und Likes.
Doch oftmals werden solche Videos und Beiträge grob manipuliert und Fakten ausgelassen, denn so einfach können Immobilien dann doch nicht enteignet werden!

Einseitige Videos und Berichterstattungen

Es ist schon ärgerlich genug, wenn eine Zeitung, die gerne mit riesengroßen Überschriften neugierig macht, recht einseitig in einem Videobeitrag über Geflüchtete und Unterkünfte berichtet und dabei nur negative Kommentare zeigt, dabei den ehemaligen Parteiobmann der ÖVP, Sebastian Kurz, und den Bundessprecher der AfD, Bernd Lucke, zu Wort kommen lässt (siehe HIER).

Noch ärgerlicher wird es, wenn ein YouTuber Ausschnitte aus dem obigen Video nimmt, sie verkürzt zeigt und dazu auch noch haltlose Behauptungen ohne jegliche Rechtsgrundlage äußert, um noch mehr Unruhe zu stiften und natürlich Klicks, Likes und noch mehr Klicks für seine Homepage zu bekommen (siehe HIER).

Die Videos erwecken den Eindruck, als ob nun jederzeit Enteignungen von Immobilien möglich seien und zeigen dazu als Beispiel ein Altenheim in Oberschweinbach, in dessen Erdgeschoss tatsächlich ukrainische Geflüchtete einziehen werden. Doch explizit werden nur negative Meinungen gezeigt und viele Fakten einfach unter den Teppich gekehrt, um die Empörung aufrechtzuerhalten.

Öl ins Feuer gießt dann auch noch ein Tweet (siehe HIER), in dem reißerisch behauptet wird „Es geht los. Beschlagnahme, Enteignung und ab 2024 Lastenausgleich“, dabei aber ein Video von 2015 zeigt, welches suggerieren soll, dass eine Halle enteignet wurde. Die Kollegen der dpa (siehe HIER) befassten sich damit und klärten auf, dass die Halle bereits an die Stadt verkauft war, der Eigentümer aber nicht erreichbar gewesen sei, um die Halle aufzuschließen.

Fremdenfeindliche Drohanrufe und Hassbotschaften gegen das Altenheim

„Dank“ des einseitigen Videoberichtes der Boulevardzeitung und dem Video vom „Vermietertagebuch“ dürfen sich nun die Leiter des Altenheims „Haus am Klostergarten“ im Ortsteil Spielberg in Oberschweinbach mit hasserfüllten Anrufen, Drohmails und beleidigende Attacken in den sozialen Medien herumschlagen. Das wird jene Zeitung und den YouTuber nicht stören, sie haben ja ihre Klicks.

In einem Artikel der Süddeutschen Zeitung (siehe HIER) werden einige Punkte erwähnt, die es nicht in die obigen Videos schafften. Logisch, denn sie eignen sich nicht dazu, sich zu empören:

  • Die dort wohnenden Seniorinnen und Senioren haben nichts dagegen, begrüßen die Hilfe für Kriegsflüchtlinge vielmehr teils ausdrücklich
  • Bürgermeister Norbert Riepl betont, dass auch die Einwohner Oberschweinbachs hilfsbereit seien und es eine Willkommenskultur gebe
  • Die 15 Personen, die noch im Erdgeschoss wohnten, und ihre Angehörigen haben dem Umzug in den ersten und zweiten Stock ausdrücklich zugestimmt
  • Ein Umzug in die beiden Obergeschosse sei ohnehin aus Gründen einer effizienteren Betreuung geplant gewesen
  • Überschneidungen zwischen den beiden Wohnbereichen soll es nicht geben – die Zimmer im Erdgeschoss sind über einen separaten Eingang zugänglich

Natürlich gibt es auch Befürchtungen und kritische Stimmen, auch ist es für die Gemeinde eine gewaltige Herausforderung, viele Geflüchtete unterzubringen. Die Grundstimmung ist jedoch sowohl beim Bürgermeister, als auch bei den Bewohnern des Altenheims und den Bürgern positiv.

Enteignungen sind nicht so einfach zu bewerkstelligen

Auffallend bei Artikeln, Videos und Kommentaren zu Enteignungen ist, dass gesetzliche Grundlagen entweder gar nicht oder nur sehr marginal erwähnt werden. Das macht auch Sinn (aus der Sicht der Verbreiter), da diese die Behauptungen wie ein Kartenhaus zusammenfallen lassen.

Das böse Schlagwort „Enteignungen“ zieht nämlich sehr gut und schürt Angst, wegen Geflüchteten vielleicht die Wohnung verlassen zu müssen – was allerdings nicht passieren wird! Werfen wir doch einfach mal einen Blick in die Regelungen über Enteignungen:

Wie das Maklerunternehmen „Homeday“ erklärt, sind Enteignungen ein gängiges Vorgehen in Deutschland und sogar im Grundgesetz verankert (Artikel 14 GG). Doch für Enteignungen gibt es einige Regelungen, so wird einem nicht einfach so eine Immobilie weggenommen, sondern es muss eine Entschädigung gemäß dem Immobilienwert angeboten werden.

Damit eine Enteignung rechtmäßig ist, sind gewisse Voraussetzungen zu erfüllen:

  • Als Grundlage der Enteignung muss ein Bundes- oder Landesgesetz dienen.
  • Es muss sich vorab ernsthaft darum bemüht werden, das Grundstück auf regulärem Weg zu erwerben.
  • Es muss glaubhaft nachgewiesen werden, dass das Grundstück in absehbarer Zeit für den geplanten Zweck benötigt wird.
  • Wenn möglich, muss als Entschädigung geeignetes Ersatzland angeboten werden.

Generell kommen Enteignungen also immer nur als letztes Mittel infrage. Niemandem wird holterdipolter eine Immobilie oder eine Wohnung weggenommen, geschweige denn muss umgezogen werden. Gerade letztere Angst wird aber durch das Beispiel mit dem Altenheim geschürt, da ja der Eindruck erweckt wird, dass die Bewohner nur wegen den Geflüchteten in die oberen Stockwerke ziehen mussten, obwohl dies ohnehin geplant war.

Fazit

Die Angstschürerei über mögliche Enteignungen wird seit 2015 immer wieder von einschlägigen Seiten vorangetrieben. Angst vor Verlust und der Hass auf die Regierung und auf Geflüchtete wachsen dadurch, doch eine große Enteignungswelle hat es nie gegeben, obwohl die damalige Flüchtlingswelle viele Landkreise und Gemeinden vor große Herausforderungen stellte.

Diese Herausforderungen gibt es auch durch Geflüchtete aus der Ukraine, weswegen einschlägige Kreise dies liebend gerne ausnutzen und Unsicherheit streuen wollen, die zu ihrem täglichen Geschäft gehört. Doch bei nüchterner Betrachtung werden sie dadurch nur noch unglaubwürdiger.

Artikelbild: YouTube

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