Panik wegen Artikel 13: Macht YouTube dicht?

Autor: Andre Wolf

Panik wegen Artikel 13: Macht YouTube dicht?
Panik wegen Artikel 13: Macht YouTube dicht?

Über #saveyourinternet, die Gefahren von Artikel 13, aber auch Panikmache und Halbwissen.

Prinzipiell geht es bei diesem Thema um die Reform des Urheberrechtes, das bei den sogenannten Triloggesprächen (also ein Dreiertreffen zwischen europäischer Kommission, Rat und Parlament) diskutiert wird. Diese Trilog-Termine finden bis zum Jahresende statt und sollen 2019 abgestimmt werden. Dabei ist es aber noch unklar, ob der Prozess bis dahin abgeschlossen werden kann.

Es geht hier nicht um Zensur im Sinne der Meinungsfreiheit! Die EU-Urheberrechtsreform hat rein gar nichts mit Meinungen und Einschränkung der Meinungsfreiheit zu tun, sondern es geht um die Eindämmung von Urheberrechtsverstößen. Ein Symptom davon ist jedoch, dass Inhalte eben nicht mehr erscheinen, sofern Material darin enthalten ist, welches Urheberrechte verletzt.

Worum es im Kern bei der aktuellen Angstwelle um eine eventuelle YouTube-Schließung geht: Im Artikel 13 der EU-Urheberrechtsreform werden die Plattformen wie Instagram, YouTube, Snapchat, Facebook, direkt verantwortlich für die Urheberrechtsverstöße ihrer Nutzer gemacht. Das wollen diese natürlich nicht und spannen nun ihre Nutzer (also auch YouTuber und Influencer) mit #SaveYourInternet vor den Karren, die teilweise völlig irre Videos mit Halbwissen in ihre Kanäle pressen.

Grundsätzlich ist die EU-Urheberrechtsreform natürlich umstritten und dürfte einen großen Einschnitt in der Social Media Welt darstellen, da viele Inhalte aufgrund von Urheberrechtsbeschränkungen verschwinden dürften, bzw. der Upload direkt blockiert wird.

Aktueller Stand

Die aktuellen Pläne werden seit dem 2.10. diskutiert und dann stimmt das EU-Parlament im Frühjahr 2019 nochmals ab. Der Prozess selbst zieht sich mittlerweile bereits seit Jahren und die einzelnen Artikel wurden immer wieder geändert. Die Kommission hat dem Rat den Vorschlag für eine Richtlinie des europäischen Parlaments und des Rates zum Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt bereits am 14. September 2016 vorgelegt.

Gibt es keine Zustimmung, wird dieser Prozess wiederholt. Aktuell ist da also auch noch vieles unklar, was nun überhaupt / wie und in welcher Form wann kommen wird.

Julia Reda, die seit langem schon kritisch gegenüber den Artikeln 11 und 13 der geplanten EU-Urheberrechtsreform steht, hat den aktuellen Stand aus ihrer Sicht hier dargestellt: juliareda.eu .

Im Artikel 11, der ebenfalls stark diskutiert wird, geht es um das Leistungsschutzrecht. Also die Frage, ob z.B. Google oder beispielsweise Facebook für die Vorschau-Snippets von Zeitungen und Verlagen Geld bezahlen müssen oder nicht (die sog. Linksteuer). Im worst case führt es zur Zensur von links – und das wollen wir alle wohl eher nicht.

Der erwähnte Artikel 13 im neuen Urheberrechtsgesetz betrifft nun Uploads auf Plattformen wie YouTube.

Und hier gibt es schon Uneinigkeiten bei der EU selbst: der EU-Rat möchte eine Haftungsfreistellung für Plattformen wie YouTube, wenn sie Uploadfilter einsetzen (wie das YT derzeit ja schon macht), das EU-Parlament hätte gerne eine grundsätzliche Haftung bei Urheberrechtsverletzungen.

Diese Uploadfilter, die durch Plattformen eingesetzt werden, werden als besonders kritisch angesehen. Gemäß Kritikern besteht somit die Gefahr, dass übervorsichtig eingestellte Filter unberechtigt Inhalten die Veröffentlichung verwehren. Das wäre dann ein Eingriff in die Meinungsfreiheit nach Ansicht der Kritiker. Stichhaltiger Punkt: wie unterscheiden Uploadfilter beispielsweise zwischen Zitaten und einem Urheberrechtsverstoß? Dürfen Programme entscheiden, welcher Inhalt veröffentlicht wird?

Man muss auch verstehen: Da geht es auch noch sehr viel um Lobbying und viel Geld, das Content-Produzenten hier wittern (z.B. im Kontext mit Sportveranstaltungen). Also prallen hier zwei Seiten im Hintergrund aufeinander, die beide viel Geld verdienen wollen.

Wird mein Lieblingsyoutuber denn nun verschwinden?

Prinzipiell wäre es für YouTube eine denkbare Möglichkeit, Kanäle für die EU zu sperren, um hier etwaigen Rechtsverletzungen vorzubeugen. Wir halten das allerdings auch für eine Drohgebärde. Es fühlt sich an, als setzt YouTube derzeit die auf der Plattform agierenden Influencer in Brand, die dann wiederum die Nutzer in Angst versetzen. Ob die ganzen Kanäle verschwinden, ist dann doch eher anzuzweifeln.

Aussagen wie einzelne YouTuber sie treffen, dass sie in Zukunft nicht mehr da sein werden, ist Unsinn. Ein Uploadfilter kann nicht greifen (außer er arbeitet fehlerhaft), wenn kein Urheberrechtsbruch vorliegt.

[vc_message message_box_color=“grey“ icon_fontawesome=“fa fa-info“] Man darf nicht vergessen: YouTube nutzt schon lange einen Uploadfilter! [/mk_info]

Eine zweite, realistischere Möglichkeit: diese Uploadfilter werden in Zukunft strenger gestaltet, d.h. im Zweifelsfall eher sperren/löschen, um das Risiko zu minimieren. Damit wird es für sehr viele Inhalte tatsächlich schwierig (die ganze „let’s play-szene“ müsste das neu ausverhandeln, private Berichterstattungen von Sportereignissen, Fanzines, online Flohmärkte, jede Form von Remix-Kultur, etc). So kann es dann auch schon mal vorkommen, dass man mit seinem eigenen Material gesperrt wird (siehe hier).

Die EVP Fraktion im EU-Parlament, der auch CDU und ÖVP zugehören, sieht das aber z.B. wiederum ganz anders und meint, dass einzelne davon überhaupt nicht betroffen wären (vergleiche hier). Jene Fraktion ist übrigens auch federführend in der EU-Urheberrechtsreform und will diese umsetzen!

Was man befürchten kann

Es ist durchaus möglich, dass – so die Wünsche der Content-industrie durchgehen – sich hier massive Veränderungen in der Art, wie wir das Netz verwenden können, abzeichnen.

Man muss an dieser Stelle beachten, dass eben liebgewordene Dinge so nicht mehr weiter praktikabel sein können: Viele Inhalte stehen unter Copyright, das auch wirklich durchgezogen werden kann, weil es gleichzeitig einfacher wird, gegen Copyright-Verstöße vorzugehen (nämlich gegen beispielsweise YouTube, Google oder Facebook direkt). Ob als Blogger, Influencer oder Hobby-Youtuber sollte man bei genutztem Material besser Creative Commons-Lizenzen verwenden.

Im Grunde darf man gerade aber nicht vergessen, dass es diese zwei Fronten gibt: YouTube (Google), die in Zukunft haftbar für Verstöße gemacht werden sollen, wollen dem natürlich entgehen und fahren ihrerseits Kampagnen. Diese Plattformen brauchen weiterhin ihren Traffic und setzen nun YouTuber und Influencer als Angstmacher ein.

Auf der anderen Seite stehen Rechteinhaber (also Verleger, Musiker, Künstler), die durch den Artikel 13 ihre Rechte geschützt und auch durchgesetzt sehen wollen. Lobbyismus auf allen Seiten.

Und nun?

Problematisch ist halt, dass das uns bekannte, sehr dynamische Internet eben seine eigene Kultur aufgebaut hat, die in vielen Fällen mit klassischen Urheberrechtsvorstellungen kollidiert. Fremde Inhalte (Lieder, Bilder oder Texte) werden in Videos (und) auf Social Media genutzt, ohne dass Urheber ihre Ansprüche geltend machen können. Den Plattformbetreibern konnte das bisher egal sein, aber in Zukunft sind sie in der Pflicht.

Für die Nutzer jedoch bedeutet das eine Einschränkung an Inhalten.

Was man tun kann, wenn man mit den geplanten Änderungen unzufrieden ist? Aktiv werden, Petitionen unterschreiben, Infos dazu teilen, Abgeordnete anschreiben.

Beispiel Petition: Petition auf Change.org

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