„GEZ-Urteil“ – Was haben die Brüder Kirchhof damit zu tun?
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Mitte des Jahres 2018 wurde wieder neu über die Rechtmäßigkeit des Rundfunkbeitrages entschieden. Ins Zentrum des Diskussion diverser Seiten geraten dabei immer wieder die Brüder Kirchhof.
Die Assoziation der Seiten, wie aktuell von „Der Wächter„, liegt auf der Hand: Zwei Brüder haben irgendwas mit dem Rundfunkbeitrag (ehemals GEZ) zu tun, der Beitrag wäre somit der Beschluss eines „Familienbetriebes“.
Ausführlich wird in deren Artikel der Werdegang der beiden Brüder Kirchhof geschildert, zwischendurch immer wieder Gerhard Wisnewski, Autor beim Kopp-Verlag, zitiert, der immer wieder betont, dass durch die Arbeit der beiden Brüder sämtliche Klagen gegen die Rundfunkgebühr nicht fruchten würden.
Konkret geht es um Folgendes:
Der Rundfunkbeitrag exisitiert seit 2013 und beruht auf einem Gutachten von Paul Kirchhof aus dem Jahre 2010. Jenes Gutachten begründet, warum und wie die bis zum damaligen Zeitpunkt gültige GEZ reformiert werden kann.
Nun gab es schon damals Klagen gegen die Rechtmäßigkeit des Rundfunkbeitrags, da zwar die meisten, aber eben nicht alle Haushalte einen TV, ein Radio oder ein Smartphone haben, mit denen man die Programme der Öffentlich-Rechtlichen empfangen kann. Umgangssprachlich wird deswegen oft von einer „Zwangsabgabe“ gesprochen, jener Begriff wird allerdings sogar vom Bundesfinanzministerium verwendet (Seite 10, linke Spalte, letzter Satz).
Nun kommt allerdings noch ein weiterer Punkt hinzu, der bereits zu Klagen führte: Klagen gegen den Rundfunkbeitrag in seiner grundsätzlichen Rechtmäßigkeit gehen an das Bundesverfassungsgericht. Der Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts ist Ferdinand Kirchhof, und jener urteilte auch mit, wenn es um die Rechtmäßigkeit des Rundfunkbeitrags geht.
Die Schlussfolgerung mancher Seiten:
Paul Kirchhof gilt als „Erfinder“ des Rundfunkbeitrags. Sein Bruder Ferdinand ist Vizepräsident und Richter beim Bundesverfassungsgericht. Ergo wird da „Vetternwirtschaft“ betrieben und der eine Bruder „winkt“ den Beitrag, der auf dem Gutachten des anderen Bruders beruht, bei jeder Klage durch.
So einfach ist es jedoch nicht!
Liest man die Memes, welche in kürzester Zeit aufgrund eines Artikels von „Journalistenwatch“ entstanden sind, könnte man meinen, dass das komplette Bundesverfassungsgericht nur aus den beiden Brüdern besteht. Hier mal zwei Beispiele:
Es gab bereits mehrere Anträge, den Vizepräsidenten und Richter des Bundesverfassungsgerichts Ferdinand Kirchhof aus den Verfahren auszuschließen. Die Begründung liegt auf der Hand: „Besorgnis der Befangenheit“. Oberflächlich betrachtet will ja der „Richter-Bruder“ dem „Gutachter-Bruder“ einen Gefallen tun, indem er den Rundfunkbeitrag immer abnickt.
Das Problem: Diese Verfahren bestehen nicht nur aus zwei Leuten!
Wir verdeutlichen euch das an einem Beispiel:
Hierbei ging es um das Urteil, welches besagt, dass ein Teil des Rundfunkbeitrags nicht rechtmäßig ist, nämlich jener Teil, dass auch für Zweitwohnungen der Rundfunkbeitrag zu entrichten ist.
Und wer hat nun jenen Teil des Rundfunkbeitrags als nicht rechtmäßig anerkannt? War das der Richter Ferdinand, der da jenen Teil des Gutachtens seines Bruder Paul widersprach?
Nein, es war der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts.
Und jener Senat besteht nicht nur aus Ferdinand Kirchhof, sondern aus insgesamt acht Richtern und Richterinnen.
Wie man also sieht, wird so ein Urteil zu einem Achtel also auch von Ferdinand Kirchhof beschlossen, allerdings kann er da, auch wenn er Vizepräsident ist, keinen „Alleingang“ machen, wie es die obigen Memes implizieren.
Vielleicht stecken aber alle unter einer Decke?
So mag sich nun mancher an dieser Stelle denken. Vielleicht hat ja Ferdinand den anderen Richtern gesagt: „Hört mal! Wir reden hier von was, was mein Bruder gemacht hat! Da seid ihr gefälligst alle dafür, habt ihr verstanden? Sonst gibt es keinen Weihnachtsbonus!“
So oder so ähnlich kann man sich das überspitzt vorstellen.
Aber welchen Vorteil hätte denn der Bruder Paul, der Gutachter, davon, wenn der Rundfunkbeitrag so bleibt, wie er ist?
Vorteil: Keiner!
Wie schon oben geschrieben, gab es bereits mehrere Beschwerden darüber, dass Ferdinand Kirchhof als Vizepräsident im Ersten Senat sitzt und somit über den Rundfunkbeitrag mitentscheiden darf. Und solche Beschwerden wurden nicht etwa müde abgewunken, sondern tatsächlich wurde auch darüber verhandelt. Es gibt darüber sogar einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes.
In jenem Beschluss vom 24. April 2018 geht es darum, ob Ferdinand Kirchhof aus den Beschlüssen über den Rundfunkbeitrag ausgeschlossen werden sollte. Auch dieses Urteil wurde vor dem Ersten Senat verhandelt, natürlich ohne den direkt Betroffenen Ferdinand Kirchhof.
Aus jenem Beschluss geht folgendes hervor:
Paul Kirchhof ist zwar mit Ferdinand Kirchhof im zweiten Grad verwandt, hat jedoch keinen direkten Bezug zum Gegenstand des Verfahrens (dem Rundfunkbeitrag). Sein Gutachten galt als Grundlage des jetzigen Rundfunkbeitrags, er formulierte diese Regelung aber nicht in seiner jetzigen Form. Wenn sich irgendwas an jenem Rundfunkbeitrag ändert, hat das für Paul Kirchhof weder Vor- noch Nachteile. Er bekommt ja keine „Tantiemen“ oder Ähnliches für jeden gezahlten Rundfunkbeitrag. Er bekommt auch keine Gehaltskürzung, wenn der Rundfunkbeitrag abgeschafft werden würde.
Es macht also im Endeffekt überhaupt keinen Sinn, wenn Ferdinand Kirchhof allen anderen Richtern befiehlt, einer Regelung zuzustimmen, die aufgrund eines Gutachtens seines Bruders entstand. Paul Kirchhof gewinnt daran nichts. Mal abgesehen davon, dass das Urteil von Mitte 2018 ein gutes Beispiel ist: Schließlich wurde ja jene Regelung nun geändert, und das, obwohl Ferdinand Kirchhof beteiligt war.
Fazit
Ja, Paul und Ferdinand Kirchhof sind Brüder. Paul erstellte ein Gutachten, welches die Grundlage für den Rundfunkbeitrag darstellt, Ferdinand ist Richter am Bundesverfassungsgericht und Mitentscheider bei Urteilen über die Rechtmäßigkeit des Rundfunkbeitrags.
Das war es aber auch schon. Der Richter-Bruder entscheidet nicht alleine, der Gutachter-Bruder hat keinerlei Vor- oder Nachteile davon, wie über den Rundfunkbeitrag entschieden wird.
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