Ein Mischwald soll gerodet werden, damit Kohle abgebaut werden kann. Das sorgt ohnehin schon für Diskussionen, aber müssen deswegen auch Fake News verbreitet werden?

Gleich vorneweg:

Wir möchten in diesem Artikel die Abholzung des Hambacher Forstes durch RWE nicht beschönigen, sondern nur auf falsche Behauptungen über den Wald hinweisen!

Folgendes Bild über den Hambacher Forst (so seine korrekte Bezeichnung) verbreitet sich derzeit stark in den sozialen Medien:

Screenshot mimikama.org
Screenshot mimikama.org

„Der Hambacher Wald existiert seit der letzten Eiszeit vor 12.000 Jahren.
In 4 Wochen soll der letzte große Mischwald Mittel-Europas gerodet werden.“

Existiert der Wald seit der Eiszeit vor 12.000 Jahren?

Der „Nordkurier“ befragte dazu Prof. Stefan Ruge, Professor für Botanik und Waldbau-Grundlagen an der Hochschule für Forstwirtschaft in Rottenburg (Baden-Württemberg).
Tatsächlich, so Prof. Ruge, wuchsen in dem Areal die ersten Bäume vor 12.000 Jahren. Der Satz in dem Bild macht den Eindruck, dass somit auch viele der Bäume so alt sind. Allerdings stehen solche Methusalem-Bäume dort schon lange nicht mehr. Die ältesten Exemplare im Hambacher Forst sind „nur“ 350 Jahre alt.
Das ist immer noch ein beachtliches Alter; da wäre die Suggestion, dass die ältesten Bäume seit der Eiszeit dort stehen, gar nicht nötig gewesen.

Ist es der letzte große Mischwald Mitteleuropas?

Sehr bekannt ist der Bayerische Wald und der Böhmer Wald, aber viele Menschen dürften vom Hambacher Forst erst gehört haben, seit er durch die Medien geht.
Ursprünglich war der Hambacher Forst über 4.000 Hektar groß, jetzt sind davon noch 550 Hektar übrig. Und tatsächlich hat dieses kleine Waldsrück eine Einzigartigkeit: Es ist der letzte Rest eines Stieleichen-Hainbuchen-Maiglöckchen-Waldes in ganz Europa. Für Botaniker sicherlich interessant, den Laien wird dies aber nicht sonderlich beeindrucken.
Deswegen wurde wohl ein Begriff genommen, den auch der durchschnittliche Waldkenner aus der Schule kennt: Mischwald, also ein Wald, in dem mehrere Arten von Laub- und Nadelbäumen wachsen.

Mischwälder gibt es allerdings noch viele und vor allem sehr große. So hat der Naturpark Pfälzerwald eine Gesamtgröße von stattlichen 179.000 Hektar, der Böhmerwald hat knapp 68.000 Hektar, der Bayerische Wald über 24.000 Hektar. Somit war der Hambacher Forst selbst in seiner Ursprungsgröße von 4.000 Hektar eher ein Winzling.

Fazit

Wie schon eingangs geschrieben, möchten wir damit nicht die Rodung des Hambacher Forstes beschönigen. Es gibt genug Gründe für einen Protest gegen die Rodung, allerdings gehören die in dem Bild genannten Behauptungen nicht dazu: Weder sind die dortigen Bäume 12.000 Jahre alt, noch ist es der letzte Mischwald Mitteleuropas.

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