Aktuell kursiert ein Video über die Inobhutnahme eines Kindes bzw. Kindern in Bremerhaven, das auf sozialen Medien für Aufregung sorgt. In mehreren Facebook-Posts wird behauptet, dass die Schule den Vorfall verursacht hätte, indem sie dem Jungen lehrte, dass der Islam „Homosexualität und Transgenderismus“ ablehne. Infolgedessen soll ein Gericht der Familie angeblich ihre „elterlichen Rechte“ entzogen und die Übergabe des Kindes an das Jugendamt angeordnet haben. In den Medien wird oft von „Kindern“ gesprochen. Wir selbst konnten in dem Video jedoch immer nur ein Kind erkennen.

Facebook-Statusbeitrag: Video in Bremerhaven

Screenshot mit der Falschbehauptung auf Facebook. Der Statusbeitrag als Wortlaut (sic!) "BOOOM
 In Deutschland haben Sozialdienste einer muslimischen Familie ein Kind weggenommen, weil sie LGBT-Menschen nicht unterstützen. In der Stadt Bremerhaven nahm das Jugendamt den Jungen wegen einer Beschwerde der Schule, an der er unterrichtet wir, weg. Die Familie erzieht ihn, dass Homosexualität und Transgenderismus für ihre Religion nicht akzeptabel sind. Es wird ein Gericht geben, wo sie über den Entzug der elterlichen Rechte entscheiden werden, aber vorerst wurde das Kind um es zu schützen den Eltern entzogen. 29.04.2023"
Screenshot mit der Falschbehauptung auf Facebook. Der Statusbeitrag als Wortlaut (sic!) „BOOOM
In Deutschland haben Sozialdienste einer muslimischen Familie ein Kind weggenommen, weil sie LGBT-Menschen nicht unterstützen. In der Stadt Bremerhaven nahm das Jugendamt den Jungen wegen einer Beschwerde der Schule, an der er unterrichtet wir, weg. Die Familie erzieht ihn, dass Homosexualität und Transgenderismus für ihre Religion nicht akzeptabel sind. Es wird ein Gericht geben, wo sie über den Entzug der elterlichen Rechte entscheiden werden, aber vorerst wurde das Kind um es zu schützen den Eltern entzogen. 29.04.2023″

Faktencheck: Video zeigt Einsatz in Bremerhaven


Die Polizei bestätigte in einer Pressemitteilung vom 29. April 2023, dass das Video einen Einsatz in Bremerhaven zeigt. Jedoch stellt sie klar, dass der im Video gezeigte Vorfall nichts mit den in den sozialen Medien verbreiteten Behauptungen zu tun hat. Die Polizei betonte, dass die Inobhutnahme von Kindern immer das letzte Mittel sei und nur bei schwerwiegenden Gründen erfolge. In diesem Fall wurde die Polizei zur Unterstützung des Jugendamts gerufen, da die Inobhutnahme gerichtlich angeordnet wurde.

Die Polizei Bremerhaven schreibt dazu:

Video – Einsatz vom Amt für Jugend, Familie und Frauen und der Polizei
In den sozialen Netzwerken kursiert ein Video eines gemeinsamen Einsatzes des Jugendamtes und der Polizei Bremerhaven, welches mit falschen Behauptungen zu den Gründen der Maßnahme kommentiert wird.
Das Video zeigt einen kleinen Ausschnitt einer gerichtlich angeordneten Inobhutnahme zweier Kinder. Die Polizei hat das Jugendamt bei diesem Einsatz unterstützt. Eine Inobhutnahme von Kindern ist immer das letzte Mittel der Wahl und geschieht nur bei schwerwiegenden Gründen.
Wir bitten um Verständnis, dass wir zum Schutz der Familie und der Kinder keine weiteren Erklärungen zu den Grundlagen dieser Entscheidung abgeben können. Uns ist bewusst, dass das besagte Video emotional aufwühlend ist.
Bitte verbreiten Sie keine falschen Tatsachen und Behauptungen.

Ein Polizeisprecher dementierte gegenüber der Deutschen Presse-Agentur die in den sozialen Medien verbreiteten Behauptungen und erklärte, dass diese nicht zutreffen. Die tatsächlichen Gründe für die Inobhutnahme wurden jedoch nicht genannt, um die Familie und die Kinder zu schützen.

Laut Jörg Maywald, einem Experten für Kinderrechte, wäre eine Inobhutnahme aufgrund der politisch-religiösen Einstellung der Eltern rechtlich nicht haltbar, da in einem solchen Fall keine „dringende Gefahr“ im Sinne des Paragrafen 42 des Sozialgesetzbuchs vorliegen würde.

Fazit: Die Recherche hat gezeigt, dass die in den sozialen Medien verbreiteten Behauptungen über die Inobhutnahme der Kinder in Bremerhaven falsch sind. Die Polizei hat klargestellt, dass der im Video gezeigte Vorfall nicht in dem behaupteten Zusammenhang steht und die wahren Hintergründe zum Schutz der betroffenen Familie und Kinder nicht genannt werden.

Quellen


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Hinweise: 1) Dieser Inhalt gibt den Stand der Dinge wieder, der zum Zeitpunkt der Veröffentlichung aktuell war. Die Wiedergabe einzelner Bilder, Screenshots, Einbettungen oder Videosequenzen dient zur Auseinandersetzung der Sache mit dem Thema.
2) Einzelne Beiträge entstanden durch den Einsatz von maschineller Hilfe und wurde vor der Publikation gewissenhaft von der Mimikama-Redaktion kontrolliert. (Begründung)