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Ein Artikel aus dem Jahr 2012 hält für eine falsche Behauptung von Grünen-Politiker Anton Hofreiter her. Nein, die Benzinpreise müssen nicht auf „mindestens 6-7 Euro rauf“.
Aktuell kursiert wieder die Behauptung, Grünen-Politiker Anton Hofreiter habe tatsächlich gesagt, die Benzinpreise „müssen auf mindestens 6-7 Euro rauf“. Der archivierte Beitrag ist hier einzusehen.
Die Behauptung stimmt nicht. Bereits im Jahr 2017 hatten wir über die angebliche Aussage berichtet. Der Ursprung ist jedoch noch wesentlich älter:
Ein Vorschaubild suggeriert, dass Hofreiter den Satz „Der Benzinpreis muss auf mindestens 6-7 Euro rauf“ gesagt haben soll. Sieht man sich den Link an, gibt es eine Aneinanderreihung von Beleidigungen, mal allgemeiner Natur gegen alle Politiker, mal gegen die Grünen im Speziellen. Da sie null Mehrwert bieten, sind sie auch nicht wert, hier zitiert zu werden!
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Nun kann man die Grünen mögen oder nicht mögen, nun kann man deren umweltpolitisches Programm gut oder nicht gut finden – dass der Benzinpreis auf 6-7 € rauf soll, hat Anton Hofreiter jedenfalls nicht gesagt. Weder liefert der Beitrag selbst eine Quelle, noch findet sich sonst eine. Und Anton Hofreiter weiß im Übrigen auch nichts davon.
Woher stammt nun die Annahme?
Grundlage dieses verdrehten Beitrags dürfte ein WELT-Artikel [1] sein, der allerdings auch schon aus dem Jahr 2012 stammt. Dieser wurde mit „Das Benzin ist immer noch zu billig“ überschrieben, und teilweise zitiert der Beitrag daraus, ohne allerdings das Urheberrecht zu beachten. In diesem Artikel wird übrigens auch das Bild ohne das manipulierte Zitat verwendet. Hier lautet die entsprechende Stelle:
Welt Online: Ganz unrealistisch ist es also nicht, dass sich der Benzinpreis irgendwann auf umgerechnet jene fünf Mark beläuft, die die Grünen einmal gefordert haben.
Hofreiter: So weit ist es noch nicht. Bei jenem Grünen-Beschluss haben viele gedacht, wir wollten die Autofahrer drangsalieren, und vielleicht hatte das mancher Grüner auch im Hinterkopf. Aber der Plan als solcher bestand darin, die Industrie zur Entwicklung sparsamer und umweltschonender Autos zu motivieren und somit Technologiepfade aufzuzeigen, auf denen das Autofahren bezahlbar bleibt.
(aus: WELT, Von Matthias Kamann, Martin Lutz, Veröffentlicht am 23.02.2012)
In der WELT kritisiert Hofreiter, dass die Autoindustrie immer noch nicht ausreichend an alternativen Antriebskonzepten arbeite, und nimmt als einen Grund dafür an, dass der Benzinpreis wohl immer noch zu billig sei. 6-7 € hat er weder dort, noch anderswo gefordert.
Herkunft des Fake-Zitats: Halle-Leaks
Die Inhalte von Halle-Leaks sind zumeist speziell auf die Darstellung des Teasers auf Facebook zugeschnitten, der dazu gehörige Artikel auf der Webseite ist eher zweitrangig und auch kurz gehalten. Die Facebookvorschau transportiert bereits alles, was ausgesagt werden soll, worin auch das Ziel liegt. Eine bewusste Verkürzung und Verdrehung ist an dieser Stelle gängige Methode.
Natürlich kann man diese Vorschau auf Facebook auch anklicken, worauf sich die Webseite von Halle-Leaks lädt. Auf dieser wird das Zitatbild als zentrales Element wiederholt, das einen recht kurzen Beitext zur Grafik bereithält. Dieser Beitext stellt meist einen Satz recht ähnlich dar, wie er von einer beliebigen Medienwebseite entnommen wurde. Oftmals wird nur ein einzelner Satz aus dem Zusammenhang gerissen, und für die Zitatbildung interpretiert und verändert. Um den gesamten inhaltlichen und auch historischen Kontext zu erfassen, muss die Quellseite besucht werden. Sprich: Der Verständnisablauf erfolgt in 3 Schritten:
- Manipuliertes Zitat als primäres Vorschauelement.
- Verkürzte Darstellung als sekundäres Element auf der Webseite, die oftmals gar nicht mehr wahrgenommen wird.
- Als letztes Element in der Kette steht ein Klick auf den Quellort, welcher zwar für das Verständnis des Inhaltes notwendig ist, jedoch aufgrund der deutlich plakativen Darstellung des Vorschaubildes von vielen Lesern gar nicht mehr getätigt wird.
Dabei ist der dritte Schritt meist der Wichtigste, da hier recht deutlich wird, welche Aussage real getätigt wurde und die Diskrepanz zwischen plakativer Vorschau auf Facebook und realer Gewichtung der Aussage zu lesen sind.
Binäre Darstellung
Es gibt nur schwarz oder weiß, gut oder böse, richtig oder falsch. Die Aussagen der Facebookvorschau kennen nur die Extreme und wollen diese auch bewusst so darstellen. Dies geschieht schon allein durch die kontrastreiche Wahl der weißen Schrift auf schwarzem Hintergrund. Die inhaltliche Linie ist sehr einfach und demagogisch aufgebaut: Die vermeintlich Bösen wollen den vermeintlich Guten ans Leder.
Aufbau falscher Zusammenhänge und Änderung der Kernaussagen
Der Kernpunkt der Zitate liegt jedoch in dem Aufbau interpretierter Zusammenhänge. Wie bereits beschrieben, werden Zitate oder einzelne Stichwörter aus real existierenden Medienveröffentlichungen genommen, so wie auch bei Hofreiter, und diese mit Hilfe einer manipulativen Interpretation in einen radikalisierten Zustand versetzt. Da wird schnell eine Behauptung in einen Mund gelegt, die so nicht getätigt wurde, von der jedoch eine weitläufige Meinung herrscht, dass es so sein könnte. Dieser Effekt verstärkt wiederum das Meinungsbild, ohne dass das Zitat überhaupt stimmen muss.
Fassen wir zusammen
Die Methodik ist also recht deutlich:
- verkürzen
- radikalisieren
- auslassen
- interpretieren
- verdrehen
Dieser rote Faden zieht sich durch die Themen von Halle-Leaks, welche im allgemeinen sehr tendenziell bis radikal aufbereitet werden. “Wer nicht dafür ist, ist dagegen”. Auch im Falle von Anton Hofreiter wird exakt diese Methode angewendet. Man könnte ebenso auf der Metaebene vereinfacht herunterbrechen: Nur weil jemand keinen Führerschein hat, hasst er nicht gleich die Automobilbranche. Das von Halle-Leaks aufgebaute Bild mithilfe von Zitatbildern ist in den meisten Fällen nicht nur grob-falsch, sondern auch gefährlich manipulativ: Einzelne Teilaspekte werden gewollt ihrem Zusammenhang entrissen, werden in einen kontrastreichen Zusammenhang neu gepflanzt und in ihrer Darstellung radikalisiert, so dass sie nicht mehr stimmen.
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Weitere Quellen: dpa-factchecking
Artikelbild: Shutterstock / Von Antimon
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