Der hinkende Renten-Vergleich zwischen Deutschland, Italien und Frankreich
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Sowohl in Bild- als auch in Schriftform wird in sozialen Medien die Rentenniveaus dreier Länder verglichen.
So werden ohne größeren Kontext die Zahlen von Deutschland, Italien und Frankreich aufgelistet, den Lesern ist quasi selbst überlassen, welcher Schluss aus dem Renten-Vergleich zu ziehen ist.
Um diesen Text handelt es sich:
Mittleres Vermögen pro Person
Deutschland 35.000 Dollar
Italien 91.000 Dollar
Frankreich 101.000 Dollar
Wohneigentumsquote
Deutschland 51 %
Italien 72 %
Frankreich 65 %
Rentenniveau (in % des Netto-Einkommens)
Deutschland 48,1 %
Italien 93,2 %
Frankreich 74,5 %
Renteneintrittsalter
Deutschland mit 67 Jahren
Italien Frauen mit 58 Jahren, Männer mit 62 Jahren
Frankreich mit 62 Jahren
Im Prinzip läuft die Empörung darauf hinaus, dass Deutschland im Renten-Vergleich am Stärksten belastet sei, aber auch am Meisten in der EU an andere Länder zahlt, was als Argument für einen Austritt aus der EU verwendet wird.
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Woher stammt der Zeitungsausschnitt?
Dieser stammt aus der Druckausgabe der Zeitung „Neues Gera“ von 5. Juni 2020. Die Zeitung bringt viele Lokalnews, zeigt aber auch, gemessen an den Anzeigen und der Thematiken diverser Artikel unter Verwendung eher unseriöser Quellen eine bestimmte politische Tendenz auf.
Stimmen denn die Zahlen?
Die Kollegen von Correctiv haben sich die Zahlen angeschaut und sind auf Quellensuche gegangen.
Das mittlere Vermögen
Die genannten Zahlen sind korrekt und stammen aus dem „Global Wealth Databook 2019“.
Wichtig aber zu wissen: Es gibt einen Unterschied zwischen dem mittleren und dem durchschnittlichen Vermögen, dies wird nämlich gerne verwechselt.
Das mittlere Vermögen ist der Punkt, ab dem eine Hälfte der Bevölkerung reicher, die andere Hälfte ärmer ist. Dieser Wert weicht oftmals stark vom Durchschnittsvermögen ab: Je stärker die Abweichung, umso deutlicher der Hinweis, dass es wenige Reiche gibt, die den Durchscnitt nach oben ziehen; ein Zeichen für finanzielle Ungleichheit.
Nun die Zahlen im Vergleich:
Deutschland: 217.000 Durchschnitt – 35.000 Mittlere = 182.000 Unterschied
Italien: 234.139 Durchschnitt – 91.000 Mittlere = 143.139 Unterschied
Frankreich: 276.121 Durchschnitt – 101.000 Mittlere = 175.121 Unterschied
Der niedrige angegebene Wert zeigt also nur die halbe Wahrheit, denn auch wenn der mittlere Wert sehr unterschiedlich ist, so ist doch die Vermögensverteilung in allen drei Ländern auf relativ dem gleichen Niveau.
Die Wohnungseigentumsquote
Die Zahlen sind laut Correctiv ebenfalls korrekt, sie stammen von Eurostat, dem Statistischen Amt der EU.
Mit den Gründen, warum Deutschland sogar die zweitniedrigste Wohneigentumsquote nach der Schweiz hat, setzte sich die Bundesbank in einem ausführlichen Artikel auseinander.
So werden eine relativ hohe Grunderwerbssteuer, die fehlende steuerliche Abzugsmöglichkeit von Hypothekenzinsen für Eigennutzer und den sozialen Wohnungsbau als Gründe genannt.
Auch interessant im Zusammenhang mit dem mittleren Vermögen:
Je höher der Unterschied zwischen dem mittleren Vermögen und dem Durchschnittsvermögen ist, umso weniger Wohneigentum besitzen die Bürger.
Das Rentenniveau
Laut Correctiv sind die oben angegebenen Zahlen nicht ganz korrekt, stimmen aber zumindest annähernd.
In einem gesonderten Artikel beschäftigten wir uns bereits mit dem großen Unterschied der Rentenniveaus zwischen Deutschland (rund 48 %) und Italien (rund 91 %).
Dabei stellten wir fest, dass zwar das Rentenniveau in Italien weitaus höher liegt, die Realität aber anders aussieht: In Italien wird weniger Rente ausgezahlt, die Durchschnittsrente liegt nur ein wenig höher als in Deutschland.
Ein Vergleich der Rentenniveaus ist aber ohnehin eher schwierig, da sich die unterschiedlichen Rentensysteme kaum vergleichen lassen, so ist beispielsweise der Anteil der gesetzlichen Rente am gesamten Altersvorsorgekonzept sehr unterschiedlich.
Das Renteneintrittsalter
Die Zahlen sind nicht ganz korrekt, da nur das Regelalter genannt wird, nicht das tatsächliche, durchschnittliche Renteneintrittsalter.
In Deutschland liegt das Regeleintrittsalter zwar bei 67, das tatsächliche durchschnittliche Alter aber bei 65,5 Jahren.
In Frankreich liegt das durchschnittliche Alter nicht bei 62, sondern bei 63,3 Jahren.
In Italien gehen die Männer im Durchschnitt nicht 62, sondern mit 67 Jahren in Rente, die Frauen nicht mit 58, sondern mit 66,6 Jahren.
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Fazit
Die Zahlen wurden ohne den nötigen Kontext und aus verschiedensten Quellen entnommen. Zudem lassen sich die Wirtschafts-, Wohnungs- und Rentensysteme aufgrund unterschiedlicher Berechnungsmethoden und Vorgehensweisen nicht miteinander vergleichen.
Quelle: Correctiv
Hinweise: 1) Dieser Inhalt gibt den Stand der Dinge wieder, der zum Zeitpunkt der Veröffentlichung aktuell
war. Die Wiedergabe einzelner Bilder, Screenshots, Einbettungen oder Videosequenzen dient zur
Auseinandersetzung der Sache mit dem Thema.
2) Einzelne Beiträge (keine Faktenchecks) entstand durch den Einsatz von maschineller Hilfe und
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