Baerbocks Flüchtlingsprognose: Wie ein Satz zu einer viralen Debatte wurde

Annalena Baerbock soll von Millionen Flüchtlingen gesprochen haben, die Deutschland aufnehmen würde. Doch hier fehlt der Kontext.


Autor: Claudia Spiess
Datum: 28. September 2023

Die virale Anfrage zu Annalena Baerbocks Aussage

Es begann mit einer Anfrage, die über das Mimikama-Forum an uns gerichtet wurde. Ein Video wurde sowohl auf Facebook als auch auf Instagram geteilt, begleitet von den Worten: „Unbedingt teilen, damit die frohe Botschaft auch wirklich jeder mitbekommen möge. Die größte Schleuserbande scheint demnach die deutsche Regierung höchstpersönlich zu sein […]“.

Weiters wurde behauptet, dass tausende Flugzeuge „Illegale“ ins Land brächten und die Regierung absichtlich Probleme schaffen würde. Das Video endete mit dem Hinweis, die AfD sei die einzige Partei, die diesen Vorgängen Einhalt gebieten wolle.

Screenshot Instagram
Screenshot Instagram

Ein Blick hinter die Kulissen eines viel diskutierten Statements

Es passiert in Sekundenschnelle: Ein Satz, aus dem Zusammenhang gerissen, wird viral und sorgt bundesweit für Aufsehen. Im Zentrum des medialen Sturms: Außenministerin Annalena Baerbock. Doch wie genau kam es dazu?

Die viral gegangene Aussage

Wer in den letzten Wochen die sozialen Medien genutzt hat, ist wahrscheinlich auf das umstrittene Video gestoßen. Baerbocks Worte, die für Aufregung sorgten, waren: „Es werden acht bis zehn Millionen Flüchtlinge kommen, und wir werden sie alle aufnehmen“. Doch was genau meinte sie damit?

Der ursprüngliche Kontext

Um die Bedeutung dieser Worte zu verstehen, müssen wir zurück zur Landesdelegiertenkonferenz der Grünen in Cottbus. Dort sprach Baerbock über die geopolitischen Folgen des russischen Angriffs auf die Ukraine. Die Prognose von acht bis zehn Millionen Flüchtlingen bezog sich auf eine Gesamtbewegung in Richtung Westen – nicht nur nach Deutschland. Zudem betonte sie in ihrer Rede die Notwendigkeit einer gemeinsamen Anstrengung in ganz Europa.

Quelle: YouTube / Landesdelegiertenkonferenz am 26.03.22 in Cottbus

Die virale Verbreitung und die Reaktion

Die verkürzte Darstellung ihrer Aussage wurde schnell populär. Dies führte zu hitzigen Debatten, Fehlinformationen und falschen Zuschreibungen. Viele waren der Meinung, dass Deutschland nicht so viele Flüchtlinge aufnehmen könne oder solle, ohne die tatsächliche Bedeutung von Baerbocks Worten zu kennen.

In ihrer Rede sagte sie zu diesem Thema (bei ca. 2:23:20): „Wir haben gestern eben diese Luftbrücke gestartet als Signal, dass weitere Flüge folgen, und vor allen Dingen Flüge in ganz Europa und über den Atlantik.“ – Hier geht also klar hervor, dass nicht nur von Deutschland die Rede ist.

Danach folgt der Inhalt des verbreiteten Video-Ausschnitts: „Und wir müssen uns darauf einstellen, das werden nicht ein, zwei, zehn, hundert, sondern das werden tausende Flüge sein. Es werden acht bis zehn Millionen Geflüchtete kommen, und wir werden sie alle aufnehmen.“

Sie fährt fort mit: „… wir werden uns auch in Brandenburg darauf einstellen müssen, dass bis zu 40.000 Geflüchtete kommen, wobei `müssen´ das falsche Wort ist. Wir werden uns darauf einstellen, weil wir es wollen, weil wir diesen Menschen Schutz und ein Zuhause geben wollen. Und auch das wird nicht einfach sein, auch das wissen wir.“ – Hier spricht sie also eine geschätzte Zahl von 40.000 an, diese wird im verbreiteten Video-Ausschnitt aber nicht berücksichtigt.

Die Wichtigkeit des Faktenchecks

Im digitalen Zeitalter kann eine einzelne Information schnell aus dem Ruder laufen. Das zeigt eindrücklich, wie wichtig es ist, Informationen immer wieder zu überprüfen und in den Kontext zu stellen. Einzelne Sätze können, aus dem Zusammenhang gerissen, eine völlig andere Bedeutung bekommen und für Verwirrung sorgen.

Fazit

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Baerbocks Flüchtlingsprognose: Wie ein Satz zu einer viralen Debatte wurde

Dieser Fall zeigt, wie wichtig es ist, immer die ganze Geschichte hinter einem viralen Clip oder Zitat zu kennen. Baerbock hat nie vorgeschlagen, dass Deutschland allein so viele Flüchtlinge aufnehmen sollte. Sie plädierte für eine gemeinsame europäische Anstrengung. Bei der Verbreitung des kurzen Videoschnipsels ging der Kontext verloren.

Es liegt in unserer Verantwortung als informierte Bürger, über den Tellerrand zu schauen und Fakten von Fiktion zu unterscheiden.

Dieser Artikel wurde durch die vereinte Kraft unserer Community-Power im Mimikama-Forum realisiert! Ein herzliches Dankeschön an alle beteiligten Mimikamas. Wie wir zu diesen Erkenntnissen gelangt sind und den gesamten Recherche-Prozess können Sie hier nachvollziehen.

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