Kündigung der Wohnung zugunsten Geflüchteter?

In Deutschland herrscht anhaltend ein Mangel an Wohnungen, was zu falschen Informationen über die Verfügbarkeit von Wohnraum für Geflüchtete führen kann.

Autor: Nick L.

Die Behauptung

Die Forderung nach einem Gesetz suggeriert, dass Mieter für die Aufnahme von Migranten aus ihren Wohnungen geschmissen werden könnten.

Unser Fazit

Die Kündigung einer Wohnung ist nur aus einem „berechtigten Interesse“ heraus möglich. Eigenbedarf kann nur geltend gemacht werden, wenn der Wohnraum für die Eigentümer selbst, direkte Angehörige oder Mitglieder des Haushalts benötigt wird und nicht als Grund für die Unterbringung von Geflüchteten. Um Flüchtende unterzubringen, können Städte und Gemeinden bei städtischem Wohneigentum, wenn alle anderen möglichen Mittel ausgeschöpft sind, die Mietverträge kündigen. Dies ist aber wirklich nur die letzte Möglichkeit.

Laut einer aktuellen Studie im Auftrag des Bündnisses „Soziales Wohnen“ fehlen in Deutschland derzeit rund 700.000 Wohnungen. Der Deutsche Mieterbund bezeichnet dies als „Rekord-Wohnungsdefizit“.

Der Mangel an Wohnraum führt auch in den sozialen Medien zu Diskussionen. In einem aktuellen Facebook-Beitrag wird ein Gesetz gefordert, um zu verhindern, dass Mieter aufgrund der Aufnahme von Migranten aus ihren Wohnungen geworfen werden können.

Screenshot Facebook
Screenshot Facebook

„Es müsste sofort ein Gesetz erschaffen werden, dass Mieter nicht für die Aufnahme von Migranten aus ihren Wohnungen geschmissen werden können.“ (sic!)

Facebook-Post im Klartext

Doch ist es tatsächlich möglich, Mietverträge aus diesem Grund zu kündigen?

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Eigenbedarf und Wirtschaftlichkeit: Wann Vermieter Wohnungen kündigen dürfen

Das deutsche Wohnraummietrecht ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) festgelegt und enthält Bestimmungen für die Beendigung von Mietverhältnissen, insbesondere von unbefristeten Verträgen. Laut § 573 BGB können Vermieter nur aus einem „berechtigten Interesse“ heraus kündigen, wie zum Beispiel bei wiederholten Verstößen der Mietpartei gegen ihre Pflichten, Eigenbedarf oder unter bestimmten wirtschaftlichen Gesichtspunkten.

Allerdings kann Eigenbedarf nur geltend gemacht werden, wenn der Wohnraum für die Eigentümer selbst, direkte Angehörige oder Mitglieder des Haushalts benötigt wird. Eigenbedarf kann nicht als Grund für die Unterbringung von Geflüchteten angeführt werden.

Obwohl Vermieter grundsätzlich das Recht haben, ihr Eigentum wirtschaftlich zu verwerten, gibt es gesetzliche Grenzen für diese Interessen. Kündigungen sind beispielsweise nicht erlaubt, um höhere Mieten zu erzielen oder das Wohneigentum zu verkaufen.

Dies gilt für private Vermieter sowie für Immobilienfirmen oder Wohnungsbaugesellschaften, wie der Berliner Mietverein auf Anfrage mitteilte. Laut ihm können Wohnraummietverträge „nicht einfach so“ gekündigt werden, um Geflüchtete unterzubringen.

Kündigung von Mietern für öffentliche Interessen: Regeln für kommunale Wohnungsträger

Auch kommunale Wohnungsträger sind grundsätzlich an diese Regeln gebunden und müssen ein „berechtigtes Interesse“ an einer Kündigung nachweisen. Städte und Gemeinden haben jedoch auch ordnungsrechtliche Verpflichtungen zum Wohl der Öffentlichkeit, darunter die angemessene Unterbringung von Geflüchteten.

Im Zusammenhang damit wird oft auf ein Urteil des Amtsgerichts Göttingen aus dem Jahr 1991 verwiesen, welches besagte, dass eine Wohnungskündigung zulässig war, um Platz für Geflüchtete zu schaffen. Die Gemeinde musste jedoch auch nachweisen, dass alle anderen Unterbringungsoptionen erschöpft waren.

Das öffentliche Interesse der Kommunen muss zudem gegen das Bestandsinteresse der Mieter abgewogen werden. Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass Mieter ein grundrechtlich geschütztes Interesse an ihrem Wohnraum haben, das sowohl vom Gesetzgeber als auch von den Gerichten gegenüber den Interessen des Vermieters berücksichtigt werden muss.

Die Sozialklausel: Ein wichtiger Schutz für Mieter bei Wohnungskündigungen.

Dank der Sozialklausel sind Mieter nicht automatisch machtlos gegenüber einer Wohnungskündigung. Wenn eine Kündigung für den Mieter unzumutbar ist, können sie gemäß § 574 BGB Widerspruch einlegen.

Es gibt verschiedene Gründe, warum dies der Fall sein könnte, wie beispielsweise fehlender Ersatzwohnraum oder eine „nicht zu rechtfertigende“ Härte für die Mieter oder deren Haushaltsangehörige bei Beendigung des Mietverhältnisses. Laut dem Deutschen Mieterbund (DMB) kann dies aufgrund von Gebrechlichkeit, Erkrankung, Schwangerschaft oder Schwierigkeiten beim Schulwechsel der Fall sein. Insbesondere für Mieter, bei denen mehrere dieser Faktoren zusammenkommen, ist die Sozialklausel ein wichtiges Recht.

Fazit

Mimikama-Bewertung: IRREFÜHREND
Kündigung der Wohnung zugunsten Geflüchteter?

Die Kündigung einer Wohnung ist nur aus einem „berechtigten Interesse“ heraus möglich. Eigenbedarf kann nur geltend gemacht werden, wenn der Wohnraum für die Eigentümer selbst, direkte Angehörige oder Mitglieder des Haushalts benötigt wird und nicht als Grund für die Unterbringung von Geflüchteten. Diese Regelungen gelten sowohl für private Vermieter als auch für Immobilienfirmen oder Wohnungsbaugesellschaften. Es gibt also klare rechtliche Vorgaben, die die Unterbringung von Geflüchteten regeln und Kündigungen von Mietverträgen diesbezüglich nicht so einfach machen. Um Flüchtende unterzubringen, können Städte und Gemeinden bei städtischem Wohneigentum, wenn alle anderen möglichen Mittel ausgeschöpft sind, die Mietverträge kündigen. Dies ist aber wirklich nur die letzte Möglichkeit.

Quelle:

DPA

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