Der Penny-Skandal: ein Spiegelbild des Fernsehjournalismus?

Ein vermeintlicher journalistischer Fauxpas löst eine Flut von Kritik aus

Autor: Tom Wannenmacher

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Stellen Sie sich vor, Sie sitzen vor dem Fernseher und schauen die Tagesschau, Deutschlands wichtigste Nachrichtensendung. Während Sie die neuesten Schlagzeilen aufnehmen, fällt Ihr Blick auf eine bekannte Person, die als Penny – „Supermarktkundin“ vorgestellt wird. Es stellt sich heraus, dass es sich um eine Mitarbeiterin des WDR handelt. Ein geplanter Beitrag oder eine „dumme Panne“, wie der WDR es nennt? Die Frage bleibt offen.

Die Penny-Aktion, die das Drama auslöste

Um den Vorfall zu verstehen, werfen wir zunächst einen Blick auf die Aktion, die dieses Mediendrama ausgelöst hat. Der Rewe-Discounter Penny sorgte mit einer ungewöhnlichen Aktion für Schlagzeilen: Um auf die Umweltschäden bei der Produktion von Lebensmitteln aufmerksam zu machen, erhöhte die Kette die Preise für neun ausgewählte Produkte um bis zu 94 Prozent. So stieg der Preis für Wiener Würstchen von 2,80 auf knapp sechs Euro. Die Aktion trug den treffenden Namen „Wahre Kosten“.

Der „Tagesschau“-Beitrag

Die Berichterstattung in der Tagesschau, der Hauptnachrichtensendung der ARD, über diese Preisaktion sorgte für Aufsehen. Neben einigen kritischen Stimmen äußerte sich eine junge Frau in dem Beitrag lobend über die neuen Preise. Sie rege „zum Nachdenken an“, was in deutlichem Kontrast zur sonstigen Gleichgültigkeit gegenüber der Fleischpreiserhöhung stehe.

Die Entdeckung

Das Skandalöse an der Geschichte: Bei der jungen Frau, die als Kundin vorgestellt wurde, handelte es sich um die WDR-Radiomoderatorin Hannah Mertens. Was uns bei unserer Recherche noch aufgefallen ist, ist, dass im Beitrag (siehe Screenshot unten) der Name Hanna Mertens eingebelndet wurde und nicht HannaH, wie es korrekterweise gehört hätte.

MIMIKAMA
Screenshot: Tagesschau, 31.07.2023

Dies wurde von aufmerksamen Twitter-Nutzern entdeckt und von der BILD-Zeitung unter der Überschrift „Tagesschau gibt eigene Moderatorin als Kundin aus“ aufgegriffen.

Die Reaktion des WDR

Der WDR reagierte defensiv. Der Sender räumte ein, dass es ein Fehler gewesen sei, seine Mitarbeiterin als Kundin zu zeigen und versicherte, dass dies nicht seinen journalistischen Standards entspreche. Stefan Brandenburg, Chefredakteur des WDR, bezeichnete den Vorfall als „saublöden Fehler“ und versuchte die Situation zu klären, indem er erklärte, dass Hannah Mertens „zufällig“ in der Penny-Filiale angesprochen worden sei und die Missverständnisse auf Kommunikationsfehler zurückzuführen seien.

Der Auftritt dieser vermeintlichen „Kundin“ brachte sowohl der Tagesschau-Redaktion als auch dem WDR Verlegenheit, als das Ausmaß dieser unseriösen journalistischen Praxis offensichtlich wurde. Als Reaktion darauf wurde der Beitrag aus der Mediathek entfernt. Die Tagesschau schreibt dazu „Korrektur: Diese Sendung wurde nachträglich bearbeitet. Der Beitrag „Wahre Kosten“ wurde nachträglich bearbeitet. In der ursprünglichen Version gab es eine O-Ton-Geberin, die für den WDR arbeitet. Die mit ihr gezeigte Sequenz hätte so nicht gesendet werden dürfen. Kolleginnen oder Kollegen zu interviewen, entspricht nicht unseren journalistischen Standards. Ergänzung: Die O-Ton-Geberin war zufällig als Kundin in diesem Discounter. Mehr zum Hintergrund dieser und anderer Korrekturen finden Sie hier: tagesschau.de/korrekturen

Das Video / Der Beitrag ist aktuell nur noch in einer geschnittenen Version in der ARD-Mediathek verfügbar, jedoch ohne Hannah Mertens.

Was nun?

Als Fazit kann festgehalten werden, dass der Penny-Beitrag in der Tagesschau ein Schlaglicht auf die Bedeutung journalistischer Ethik und Verantwortung geworfen hat. Während es als „dummer Fehler“ abgetan wurde, hat es tiefer gehende Fragen über die Glaubwürdigkeit und Integrität der Medien aufgeworfen. Um das Vertrauen des Publikums wiederherzustellen, bedarf es eines konsequenten Bekenntnisses zu Transparenz, Verantwortung und Dialog, gepaart mit kontinuierlicher Weiterbildung und hohen journalistischen Standards. Nur so können solche Fehler in Zukunft vermieden und das Vertrauen des Publikums erhalten werden.

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