Wir von Mimikama haben uns intensiv mit einem Phänomen von Fakes auf Facebook beschäftigt. An einem ganz normalen Nachmittag veröffentlichte eine vermeintlich besorgte Mutter in einer Facebook-Gruppe einen Beitrag, in dem sie um Hilfe bei der Suche nach ihrer vermissten Tochter bat. Mit den eindringlichen Worten „Hat sie jemand gesehen? Helft mir, meine Tochter zu finden“, löste sie eine Flut von Beiträgen und Reaktionen aus.

So auch der Beitrag aus Nürnberg: „Die 14-jährige Lea Müller wird in Nürnberg vermisst und ihre Familie glaubt, dass sie entführt wurde …“. Doch was auf den ersten Blick wie ein echter Hilferuf aussah, entpuppte sich ebenfalls als Falschmeldung. Das Mädchen selbst wurde nie vermisst und hieß auch nicht Lea Mueller! (Faktencheck) Es handelte sich dabei um Sophia Birlem, ein Model und Instagram-Star aus den USA und nicht aus Nürnberg.

Wiederkehrende Muster: Die hartnäckigsten Fakes im Überblick

Alarmierend ist, dass sich bestimmte Muster in den Fakes wiederholen. Dazu gehören Beiträge von vermissten und kranken Kindern, vermissten und kranken Hunden, Fakegewinnspiele, Phishingversuche oder generell betrügerische Werbeanzeigen auf Facebook.

  • Beiträge über vermisste und kranke Kinder, die die Emotionen der Nutzer ausnutzen.
  • Beiträge über vermisste und kranke Hunde, die ebenfalls darauf abzielen, Mitleid und Anteilnahme zu erzeugen.
  • Fake Gewinnspiele, die oft dazu dienen, persönliche Informationen abzugreifen oder Nutzer auf betrügerische Websites zu locken.
  • Versuche des Facebook-Phishings, bei denen versucht wird, Zugangsdaten von Nutzern durch gefälschte Anmeldeformulare oder Links zu stehlen.
  • Verschiedene Formen des Betrugs, bei denen Nutzer finanziell ausgenutzt werden sollen.
  • Werbelinks und betrügerische Werbeanzeigen, die oft Produkte oder Dienstleistungen von zweifelhafter Qualität bewerben oder die nur darauf abzielen, Traffic zu generieren.

Die dunkle Seite von Facebook-Gruppen: Fake-Beiträge und ihre Konsequenzen

Dass solche irreführenden Beiträge nicht nur im deutschsprachigen, sondern auch im englischsprachigen Raum weitverbreitet sind, können wir durch unsere kontinuierlichen Recherchen und Faktenchecks, wie auch die Kollegen von Full Fact (Faktencheck-Organisation aus England) bestätigen. Auch Full Fact berichtet darüber, dass solche Fake-Posts vorwiegend lokale Facebook-Gruppen überfluten.

Eine wiederholte Masche

Dieser spezielle Beitrag von „Lea Müller“ war nur einer von vielen. Identische Aufrufe mit der gleichen Geschichte, manchmal mit kleinen Änderungen, tauchten in etlichen Facebook-Gruppen auf. Jeder Beitrag war an den jeweiligen Ort angepasst, an dem das Kind zuletzt gesehen worden sein soll. Die Statusbeiträge sowie die Bilder der Kinder sind dabei immer gefälscht. Klickt man auf den Link, dann muss man sich mit seinen Facebook-Nutzerdaten erneut anmelden. Es handelt sich dabei um einen Phishing-Betrug! Ziel der Betrüger ist es, Facebook-Konten, sowie die damit in Verbindung stehenden Facbeook-Gruppen und Facebook-Seiten zu übernehmen.

Ein globales Problem

Diese Täuschung ist nur ein kleiner Teil eines viel größeren Problems. Nicht nur in Deutschland, Österreich und der Schweiz, sondern im gesamten englischsprachigen Raum werden Facebook-Gruppen mit ähnlich erfundenen Geschichten über Kinder und Hunde uvm. überschwemmt, wie wir von Mimikama beobachten. Vom angeblichen Serienmörder bis zu vermissten demenzkranken Senioren reicht die Liste der Fake News. Und es scheint, dass nichts und niemand mehr sicher ist: Sogar Geschichten darüber, dass ein „Junge seinen Freund“ getötet haben soll.

Die Auswirkungen der Täuschungen

Während diese erfundenen Geschichten, für manche nur ein Klick und eine kurze Ablenkung sind, haben sie echte Auswirkungen auf das Leben der Menschen. Echte Hilferufe werden übersehen oder gar als Fake betrachtet. Und Facebook-Gruppen, die als Anlaufstelle für lokale Informationen und Hilfe gedacht waren, werden durch die Flut von Fehlinformationen unbrauchbar. Das gilt auch für seriöse Gewinnspiele auf Facebook. Diese werden durch die Masse an gefälschten Gewinnspielen in Mitleidenschaft gezogen.

Das Ziel hinter den Fake-Beiträgen

Immer wenn von diesen Fakes die Rede ist, fragen sich viele: Warum? Wir haben herausgefunden, dass diese Beiträge, nachdem sie viel Aufmerksamkeit und Engagement erhalten haben, oft in etwas ganz anderes umgewandelt werden. Hier wird die „Bearbeiten“- Funktion verwendet und anstelle der verzweifelten Suchanzeigen nach den Vierbeinern tauchten plötzlich verlockende Bilder von idyllischen Häusern und Wohnungen auf, die angeblich zu vermieten sind.

Der Hintergedanke? Die bearbeiteten Beiträge profitieren vom Engagement des ursprünglichen Beitrags. So kann der Eindruck entstehen, dass ein Beitrag von vielen anderen und vielleicht sogar von den eigenen Freunden empfohlen wurde.

Der Trick dahinter: Die emotionale Aufladung des ursprünglichen Posts führte zu einer massiven Interaktion und tausende Nutzer teilten den Beitrag. Durch die Veränderung des Inhalts wurden sie so unfreiwillig zu Botschaftern der dubiosen Immobilienangebote. (Faktencheck).

Wir von Mimikama haben dies hier ausführlich erklärt, wie dies funktioniert. Dies betraf auch erst kürzlich den emotionalen Betrug durch „Sprüche“-Gruppen

Es gibt viele Theorien darüber, welches Endziel diese manipulierten Beiträge haben könnten. Wir von Mimikama haben durch unsere Arbeit schon lange erkannt, dass es immer wieder um Betrug, in welcher Form auch immer, geht. Das beginnt bei persönlichen Daten von Nutzern, über Phishingversuche, Seiten- und Accountklau, bis hin zu Spammails und Werbeanrufen. Im Schlimmsten Fall werden auch ganze Identitäten gestohlen oder hinter dubiosen „Bist Du das“-Videos verstecken sich auch gerne mal Viren, Trojaner udgl.

Facebook wurde um eine Stellungnahme gebeten, hat jedoch nicht geantwortet. Unabhängig davon, welche der beiden Theorien zutrifft, ist klar, dass solche Beiträge Schaden anrichten können, insbesondere für die Personen, deren Bilder ohne ihre Zustimmung verwendet wurden.

Die wirklichen Opfer

Doch nicht nur Facebook-Nutzer werden getäuscht, auch die Glaubwürdigkeit legitimer Unternehmen kann Schaden nehmen. Die Auswirkungen der ursprünglichen Fake-Posts können sogar noch verheerender sein. Lynne Parker, Gründerin einer Facebook-Gruppe, die sich der Aufdeckung von Fake-Posts über Tiere widmet, erzählte den Full Fact-Reportern, wie diese Fake-Beiträge echte Besitzer von vermissten Tieren schädigen. Sie verwies auf einen Fall, in dem ein echter Beitrag über einen vermissten Hund nur 226 Mal geteilt wurde, während ein gefälschter Alarm zur gleichen Zeit 552 Mal geteilt wurde.

Aber das ist bis jetzt nicht alles. Lisa Loops, Direktorin der Facebook-Gruppe Muddy Paws Crime, arbeitet eng mit den Besitzern der beiden Hunde, Pippin und Purdey, zusammen. Sie erzählte, dass über 200 separate Facebook-Accounts Beiträge über das angeblich vermisste Mädchen „Sofia“ veröffentlicht haben. Die wirkliche Tragödie? Das Mädchen war nie vermisst, und ihr Bild wurde ohne Zustimmung verbreitet. Inmitten dieser Erkenntnisse erzählen Loops und Parker, dass Facebook nicht immer effektiv auf gemeldete Hoax-Posts reagiert. In einigen Fällen behauptete die Plattform sogar, sie würden nicht gegen ihre Gemeinschaftsrichtlinien verstoßen.

Die Geißel der Fake-Beiträge auf Facebook

Soziale Medien sind zu einem wichtigen Bestandteil des täglichen Lebens vieler Menschen geworden. Dies geht jedoch mit einer Zunahme von Fehlinformationen und Falschmeldungen einher.

Facebook-Gruppen haben sich zu einem Hotspot für solche irreführenden Beiträge entwickelt. Vor allem Gruppen, die keinen aktiven Administrator haben, sind besonders anfällig für solche Täuschungen.

Nicht selten werden Administratoren dafür kritisiert, dass sie solche Beiträge zulassen. Schlimmer noch, manche werden sogar beschuldigt, mit den Urhebern solcher Fake-Postings zusammenzuarbeiten.

Simbabwe im Zentrum: Woher stammen viele irreführende Facebook-Beiträge?

Die Frustration und Enttäuschung der Nutzer dieser Plattform ist nicht schwer zu erkennen. Beschwerden über diese Beiträge sind inzwischen an der Tagesordnung. Viele Nutzer haben ihre Besorgnis und Enttäuschung zum Ausdruck gebracht, einige haben sogar damit gedroht, ihre lokalen Gruppen zu verlassen. Interessanterweise haben Untersuchungen ergeben, dass viele dieser Beiträge ursprünglich von Konten mit Verbindungen nach Simbabwe stammen. Es ist jedoch unklar, ob diese Konten tatsächlich von Personen in Simbabwe kontrolliert werden oder ob sie gehackt wurden.

Prosper Tatenda, Vertreter des simbabwischen Fact-Checking-Seite „ZimTracker“, äußerte im August 2022 Zweifel an der Herkunft der Beiträge. Er betonte, die Untersuchungen ließen nicht eindeutig auf simbabwische Urheber schließen. „Bei unseren Bemühungen, die Verantwortlichen hinter diesen irreführenden Beiträgen zu kontaktieren, erhielten wir lediglich von einem Konto eine Antwort. Der Besitzer gab an, Opfer eines Hackerangriffs geworden zu sein, was wir jedoch nicht verifizieren konnten.“

Als diese Verbindung bekannt wurde, änderten die Hintermänner ihre Taktik und begannen, Profile mit englisch klingenden Namen und Bildern von kaukasischen Personen zu verwenden. Darüber hinaus verwenden sie zunehmend Facebook-Seiten anstelle von persönlichen Profilen, um eine zusätzliche Ebene der Anonymität zu gewährleisten.

Facebook hat in der Vergangenheit versucht, gegen Fehlinformationen vorzugehen, aber bestimmte Entscheidungen des Unternehmens könnten diese Hoax-Beiträge unwissentlich gefördert haben. Ein markantes Beispiel ist die Entscheidung von 2013, bei der es Nutzern erlaubt wurde, ihre Beiträge nach der Veröffentlichung zu bearbeiten. Solche Änderungen haben jedoch keine Auswirkungen auf die Anzahl der „Likes“ oder „Shares“, was eine verfälschte Popularität erzeugt.

Um das Problem besser zu verstehen und mögliche Lösungen zu finden, hat sich Full Fact an Meta (die Muttergesellschaft von Facebook) gewandt. Obwohl Meta einige Maßnahmen ergriffen hat, wie das Löschen bestimmter Beiträge und Konten, bleibt die Frage offen, ob dies ausreicht, um das Problem der Falschinformationen wirksam zu bekämpfen.

Full Fact konfrontiert Meta

In einem Bemühen, die wachsende Flut von irreführenden Beiträgen auf Facebook zu bekämpfen, hat sich Full Fact im April direkt an Meta gewandt. In einem offiziellen Schreiben an den Leiter der UK-Inhaltsregulierungspolitik des Unternehmens äußerte die Organisation ihre tiefe Besorgnis über die gegenwärtige Handhabung von Hoax-Beiträgen.

Full Fact betonte in dem Schreiben, dass die derzeitige Vorgehensweise von Meta – nämlich das reaktive Löschen von Beiträgen nach deren Identifizierung durch Dritte – bei Weitem nicht ausreiche. Die Risiken, die von solchen Hoax-Beiträgen ausgehen, werden als „heimtückisch“ beschrieben, und die Häufigkeit solcher Beiträge rechtfertigt laut Full Fact stärkere proaktive Maßnahmen seitens Meta.

Der Brief endete mit einer klaren Aufforderung an Meta, die konkreten Schritte zu skizzieren, die das Unternehmen zu unternehmen gedenkt, um dieses wachsende Problem in den Griff zu bekommen. Enttäuschenderweise blieb dieser dringende Appell auch nach mehr als drei Monaten unbeantwortet.


Über 30.000 Artikel haben wir in den vergangenen Jahren auf mimikama.org veröffentlicht! Von vermissten und kranken Kindern über verschwundene Hunde bis zu vermeintlich schrecklichen Unfallvideos und dubiosen Fake-Gewinnspielen! Es ist jedoch nicht immer einfach, die Fälschungen zu erkennen, vor allem, da viele Facebook nutzen, um legitime Warnungen zu posten!

Das Erkennen von Fake News, Betrügereien und Hoaxes kann in der heutigen Zeit, in der Informationen so schnell und in so großer Menge verbreitet werden, eine Herausforderung sein. Es gibt jedoch einige allgemeine Strategien und Tipps, die helfen können:

  1. Quellenkritik:
    • Wer hat die Information veröffentlicht? Ist die Quelle zuverlässig und anerkannt?
    • Überprüfen Sie, ob andere, seriöse Medien die gleiche Geschichte erzählen.
    • Achten Sie auf Websites, die mit „.com.co“ enden. Solche Seiten versuchen oft, legitime Nachrichtenorganisationen nachzuahmen.
  2. Inhalt überprüfen:
    • Gibt es auffällige Rechtschreib- oder Grammatikfehler?
    • Überprüfen Sie das Datum des Artikels oder der Nachricht. Manchmal werden alte Geschichten als neu dargestellt.
  3. Bilder und Videos überprüfen:
    • Verwenden Sie Bildrückwärtssuche-Tools wie Google Image Search oder TinEye, um zu sehen, wo das Bild noch erschienen ist.
    • Achten Sie auf Anzeichen von Bildbearbeitung, überhaupt im Zeitalter der KI.
    • Prüfen Sie, ob Videos aus dem Kontext gerissen oder manipuliert wurden.
  4. Checken Sie die Fakten:
    • Verwenden Sie Faktencheck-Websites wie unsere.
    • Seien Sie skeptisch gegenüber sensationellen oder übertriebenen Schlagzeilen.
  5. Überprüfen Sie die Expertise:
    • Wenn eine Aussage von einem „Experten“ kommt, recherchieren Sie dessen Hintergrund und Qualifikationen.
  6. Denken Sie kritisch:
    • Stellen Sie sich die Frage, ob die Geschichte voreingenommen oder zu gut ist, um wahr zu sein.
    • Überlegen Sie, ob der Artikel versucht, eine emotionale Reaktion hervorzurufen.
  7. Fragen Sie andere:
    • Teilen oder verbreiten Sie Nachrichten nicht blind. Diskutieren Sie Geschichten mit Freunden oder Kollegen, um eine andere Perspektive zu bekommen.
  8. Überprüfen Sie URLs und Website-Designs:
    • Fake News-Websites haben oft URLs, die legitimen Websites ähneln, um Vertrauen zu erwecken. Überprüfen Sie die genaue Webadresse.
    • Schlechtes Design oder viele Pop-ups können Anzeichen für eine weniger vertrauenswürdige Seite sein.
  9. Achten Sie auf gesponserte Inhalte und Werbung:
    • Einige Artikel sind als Nachrichten getarnt, sind aber tatsächlich gesponserte Inhalte.
  10. Vertrauen Sie Ihrem Bauchgefühl:
    • Wenn etwas nicht stimmt oder zu sensationell erscheint, dann ist es das wahrscheinlich auch.

Wenn Sie den Verdacht haben, dass es sich bei einem Beitrag um einen Scam handeln könnte, überprüfen Sie, ob er bearbeitet wurde. Ein Klick auf den Bearbeitungsverlauf (die drei waagerechten Punkte oben rechts im Beitrag) zeigt Ihnen, ob der ursprüngliche Inhalt geändert wurde.

Mimikama geht jedoch über die reine Aufklärungsarbeit hinaus. Um das Bewusstsein für Fake News zu schärfen und den kritischen Umgang mit Medieninhalten zu fördern, bietet Mimikama ein umfassendes Medienbildungsangebot an. Durch Workshops, Online-Kurse und Informationsmaterialien werden Nutzer aller Altersgruppen dabei unterstützt, Fakes zu erkennen, ihre Quellen zu prüfen und so eine informierte und sichere Internetnutzung zu gewährleisten. Die Medienkompetenz ist in unserer digitalen Zeit essenziell und Mimikama trägt aktiv dazu bei, diese zu stärken.

Offensichtlich ist dieses Problem tief verwurzelt und durchdringt verschiedene Kulturen und Sprachen. Wir bei Mimikama werden uns weiterhin dafür einsetzen, diese Fehlinformationen aufzudecken und das Bewusstsein für diese betrügerischen Taktiken zu schärfen.

Verweis: Full Fact

Hinweise: 1) Dieser Inhalt gibt den Stand der Dinge wieder, der zum Zeitpunkt der Veröffentlichung aktuell war. Die Wiedergabe einzelner Bilder, Screenshots, Einbettungen oder Videosequenzen dient zur Auseinandersetzung der Sache mit dem Thema.
2) Einzelne Beiträge entstanden durch den Einsatz von maschineller Hilfe und wurde vor der Publikation gewissenhaft von der Mimikama-Redaktion kontrolliert. (Begründung)